Master Psychologie: Rechtspsychologie (Subject) / Vollbart und Steller (Lesson)
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25 Jahre nach Steller und Köhnken
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- Abstrakt und Einleitung: Was sind CBCA und SVA? (3) > Die Grundlage der CBCA bildet die Annahme, dass sich Aussagen, die auf tatsächlich erlebten Erinnerungen basieren, von Falschaussagen unterscheiden -> Undeutsch-Hypothese > SVA: nicht nur durch die Richtigkeit einer Aussage sondern auch durch personale (z.B. kognitive Fähigkeiten) und situationelle (z.B. das Ereignis selbst) Variablen beeinflusst wird > Theoretische Analysen und empirische Befunde zeigen keine qualitativen Unterschiede zwischen wahren Aussagen und Aussagen, die auf falschen Erinnerungen basieren -> daher ist eine kritische Anwendung der CBCA besonders wichtig!
- Zeugen unterscheiden sich in ihrem psychologischen Status: (2) > Lügende Zeugen sind sich ihrer Täuschung bewusst, während die anderen davon überzeugt sind, dass das Erzählte wirklich so passiert ist > Psychologischer Status von Zeugen mit falschen Erinnerungen sind somit nicht von den Zeugen zu unterscheiden, die eine erlebnisbasierte Aussage machen
- Zwei große Unterschiede zwischen einem, der die Wahrheit sagt und einem Lügner: A) der, der die Wahrheit sagt, zeigt eine Kohärenz zwischen Aussage und wirklicher Überzeugung, während ein Lügner eine Diskrepanz aufzeigt B) Aussage des „Wahrheitsagers“ basiert auf Erinnerungen, was bei einem Lügner nicht (komplett) der Fall ist
- Verhaltenshinweise auf Täuschung - Ergebnisse zeigen aber allgemein, dass die Verhaltenshinweise auf Täuschung, wenn überhaupt, nur schwach sind
- Im Gegensatz zum anxiety-based approach ist der cognitive load signifikant für das dargestellte Problem: (4) o In einer wahren forensischen Situation ist der lügende Zeuge mit zwei Herausforderungen konfrontiert: Simulation eines wahren Gedächtnis für das Ereignis und der gleichzeitigen Vertuschung der Täuschungo Zeuge muss in der Lage sein ohne Widersprüche und Verzögerungen bei Nachfragen seine Aussage zu machen, während er dafür sorgt, dass seine Täuschung nicht entdeckt wird o Zudem müssen Zeugen häufiger wiederholt aussagen, während die Intervalle zwischen den Aussagen lang sein können o Zeugen die eine erlebnisbasierte Aussage machen, können sich dahingegen auf ihr Gedächtnis berufen, weshalb das Aussagen bei ihnen wesentlich stressfreier sein kann
- Cognitive scripts versus episodic representations in memory (3) > Lügner müssen ihre Aussagen mit ihrem vorhandenen kognitiven Skripten konstruieren, die meistens nur die typischen Merkmale des jeweiligen Ergebnisses beinhalten > Im Gegensatz dazu haben diejenigen, die die Wahrheit sagen für das Ereignis spezifische autobiographischen Repräsentationen, die einen episodischen Charakter besitzen und Informationen über spezifische, raumzeitlich lokalisierbare Ereignisse besitzen > Außerdem besitzen wahre Erinnerungen mehr sensorische (visuelle, auditive, olfaktorische, verbale) und kontextuelle Informationen, die auch inkonsistent oder unüblich für unsere mentalen Skripts sein können
- Strategic self-presentation (2) > Lügner besorgter um den Eindruck, den sie beim Interviewer hinterlassen, da sie in ihrer self-presentational perspective ihre Glaubwürdigkeit weniger für gegeben halten > Lügner verwenden häufig aktiv Elemente von denen sie glauben, dass sie ihre Glaubwürdigkeit steigern
- Erlebnisbasierte Aussagen sind im Gegensatz zu konstruierten Aussagen (4) > komplexer und detaillierter > enthalten mehr ereignisspezifische, sensorische, kontextuelle, individuell relevante, von Skripten abweichende oder entgegengesetzte Details; > erhalten mehr Details, von denen aus Laienperspektive angenommen wird, dass sie auf Täuschung hindeuten > enthalten mehr nachprüfbare Details
- Jüngere Publikationen zeigen, dass der Fokus der CBCA auf (..) liegt: (2) > auf ereignisspezifischen Repräsentationen des Gedächtnisses versus von Skripten liegt oder in der Selbstpräsentation (z.B. Nennung von nebensächlichen Details oder Zugeben von Erinnerungslücken) > Die Aussage von demjenigen, der die Wahrheit sagt ist detaillierter und komplexer als von einem Lügner
- Metaanalyse von DePaulo et al. (2003) untersuchte einige CBCA Kriterien im Einzelnen (anhand von 6 Studien): (5) > Klein bis moderate Effektstärke für logical structure (d = -.25)quantity of details (d = -.30) admitting lack of memory (d = -.42)spontaneous corrections (d = -.29) > Für andere Kriterien zeigen die Effektstärken die erwartete Richtung an aber keine Signifikanz (unusual details, contextual embedding)
- Vrij (2008) untersuchte in seinem Review den Anteil von richtigen Klassifikationen auf Basis der CBCA in insgesamt 24 Studien : (3) > durchschnittliche Trefferquote für „Wahrheitsager“ (hit) bei 70.8%> durchschnittliche Trefferquote für Lügner (korrekte Zurückweisung) bei 71.1%> (nur) drei Studien zeigten, dass CBCA raters besser erlebnisbasierte Aussagen einschätzen als erfundene (78-91% versus 60-74%)
- Fazit CBCA Kriterien die CBCA Kriterien können nicht als Checkliste oder „Wahrheitsdetektor“ angewandt werden, da nicht nur anhand der CBCA Kriterien erlebnisbasierte und erfundene Aussagen unterschieden werden kann
- SVA: Mögliche relevante personale Variablen hierbei: (6) > Alter des Interviewten > generelle Tendenz auf das autobiographische Gedächtnis zurückzugreifen + ausdrücken > relevante vorherige Erfahrungen > Charakteristiken der Person > Täuschungsstrategien: manche Menschen sind bessere Lügner > Wille
- SVA - Mögliche relevante situationelle Variablen hierbei: (4) > Komplexität des Events > Zeitintervall zwischen Ereignis und Befragung > einmaliger Delikt oder mehrfach? > Interview Technik
- Was schließt man jetzt aus zB der CBCA? (3) - Ist die Inhaltsqualität gut? àAussage ist vermutlich erlebnisbasiert- Ist die Inhaltsqualität schlecht? àLügenhypothese kann nicht zurückgewiesen werden, was aber nicht heißt, dass die Aussage nicht auf erlebten Erfahrungen basiert -> viele Gründe für niedrige Qualität - Es gibt keine richtigen Regeln bei der Begutachtung von Glaubhaftigkeit, da zu viele Variablen berücksichtigt werden müssen
- Suggestion - Klassischer Fall bei Kindern: (3) o Befragende Person hat den Verdacht des sexuellen Missbrauchs an einem Kind, aber dieses macht keine Angaben dazu o Verhalten des Kindes werden falsch interpretiert und durch die Interviewtechnik und suggestive Befragung wird das Kind für falsche Informationen empfänglich gemacht o Befragende Personen gehen häufig davon aus, dass das Kind den Missbrauch nicht selbst enthüllen würde oder abstreiten würde -> Befragung erfolgt so, dass die Erwartungen des Befragers nach und nach erfüllt werden
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- Falsche Erinnerungen bei Erwachsenen: (4) o Vor allem wenn es darum geht, dass eine Erklärung für den schlechten mentalen Zustand gefunden werden sollo Vgl. Fälle, bei denen Psychiater ihren Patienten durch suggestive Befragungen eingeredet haben, dass sie früher missbraucht wurden und sie sich dann wieder daran erinnerno Basiert auf der Annahme, dass traumatische Erlebnisse verdrängt oder unterdrückt werden, um das Leid zu lindern o Beschäftigung mit dem vermeidlichen Ereignis kann ernsthafte Erinnerungen und Bilder produzieren
- Was ist das Problem bei wahren und suggestiven Aussagen? (3) - Zeugen mit falschen Erinnerungen sind davon überzeugt, dass sie die Wahrheit sagen- Sind nicht damit beschäftigt ihre Täuschung zu vertuschen oder sich selbst so zu präsentieren, dass sie den Befragenden von der Wahrheit überzeugen wollen - Aussage basiert auf Erinnerungen
- Studie Crotteau (1994) zu Realkennzeichen und Suggestion: (2) o Realkennzeichen wie überflüssige Details und das Zugeben von Erinnerungslücken kommen bei suggestiven Aussagen häufiger voro Die Trefferquote eine suggestive Aussage zu identifizieren liegt mit der merkmalsorientierten Aussage sogar niedriger als ohne
- Bruck, Cecu & Hembrooke (2002): (4) o Die CBCA Kriterien können nicht zur Unterscheidung verwendet werden, aber sie haben andere inhaltliche und verbale Charakteristiken gefunden, die angeblich zur Unterscheidung verwendet werden können o Anzahl an Details, Anzahl von spontanen Benennungen, Zusammenhang und Kohärenz der Aussage, Ausbau/Ausführung der Aussage (Zeigen von emotionalen Ausdrücken, Adjektiven und Adverbien) o Untersuchung zur Differenzierung von erlebnisbasierten und suggerierten Aussagen von Vorschulkindern o Ergebnis: Aussagen wurden zunehmen gleich, je häufiger die Kinder interviewt wurden, Induzierte Aussagen erhielten später sogar mehr beschreibende Informationen als erlebnisbasierte
- Was ist nun also ein Unterschied zwischen suggestiven und wahren Aussagen? (2) > wahr: gut erinnert, durch Erfahrung begrenzt > suggestiv: diskontinuierlich, können sich weiter entwickeln, Muster die nicht zu Gedächtnispsychologie passen
- Drei Biases: Suggestive Einflüsse bei Kindern: (3) > Interviewer bias: dem Kind wurde ein Verdacht oder eine Erwartung vor Aussage präsentiert > Biased interviews: Kind sagt erst das Erwartete nach wiederholten Interviews und suggestiver Befragungstechnik > Confirmation bias: Informationen wurden im Sinne der Anfangshypothese bzw. der Erwartung des Interviewers nach interpretiert
- Externale suggestive oder autosuggestive Einflüsse bei Jugendlichen und Erwachsenen: (3) > diskontinuierliche Erinnerung> Expectation bias > explizite Suche nach bislang "unterdrückten" Erinnerungen