Entscheidungstheorie (Subject) / Vorlesung XII: Entscheidung bei Risiko: Unvollständige Information (Lesson)
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Entscheidung bei Risiko: Unvollständige Information
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- Entscheidung bei Risiko und unvollständiger Information Entscheider besitzen häufig keine exakten Präferenzen, z.B. - SÄ kann nur ungefähr angegeben werden - es können nur Wahrscheinlichkeitsintervalle angegeben werden Axiom der vollständigen Ordnung wird zugunsten einer partiellen Ordnung aufgegeben Entscheider kann nicht zu exakten Angaben gezwungen werden wichtige und praxisrelevante Instrumente sind in diesem Fall: lineare Programmierungsansätze Prüfung auf stochastische Dominanz Sensitivitätsanalysen
- Lineare Programmierungsansätze - unvollständige Information bzgl. Wahrscheinlichkeiten P(I) sei P(I) die Menge von Wahrscheinlichkeitsverteilungen, die mit den unvollständigen Informationen des Entscheiders verträglich ist, dann gilt: a fP(I) b ⇔ EU(a) > EU(b) ⇔ Σ piu(ai) > Σpiu(bi) für alle p ∈ P(I) analog für ~ und π unvollständige Wahrscheinlichkeitsaussagen können z.B. sein: pi- ≤ pi ≤ pi+ (Wahrscheinlichkeitsintervall) pi ≤ pj (ordinalerVergleich der Wahrscheinlichkeiten von zwei Ereignissen) ein solches Entscheidungsproblem kann durch das folgende lineare Programm für jedes Alternativenpaar a, b gelöst werden Max bzw. Min ∑pi[u(ai) -u(bi)] u.d.N. pi- ≤ pi ≤ pi+ pi ≤ pj ∑pi = 1 pi ≥ 0 ist das Minimum (und damit auch das Maximum) > 0 ⇒ a ≻ P(I)b ist das Maximum (und damit auch das Minimum) < 0 ⇒ a ≺ P(I)b ist das Maximum > 0 und das Minimum < 0 ⇒ keine klare Präferenz zwischen a und b
- Lineare Programmierungsansätze - unvollständige Information bzgl. Wahrscheinlichkeiten U(I) sei U(I) die Menge von Nutzenfunktionen, die mit der unvollständigen Information des Entscheiders verträglich ist, dann gilt: a > U(I) b ⇔ Eu(a) > Eu(b) ⇔ Σ pi u(ai) > Σ pi u(bi) für alle u ∈ U(I) analog für ~ und ≺ an die Stelle einer exakten Nutzenfunktion tritt eine Bandbreite an Nutzenfunktionen auch hier kann Entscheidungsproblem mittels linearer Programmierung gelöst werden
- Prüfung auf stochastische Dominanz „einfachere“ und sehr allgemeine Lösung ergibt sich, wenn man lediglich unterstellt, dass alle zulässigen Nutzenfunktionen die Eigenschaft aufweisen, dass sie streng monoton steigend sind, d.h. mehr von der betrachteten Größe ist besser als weniger, d.h. dann muss nur die einfache Präferenzrelation überprüft werden: a ≻ b ⇔ Σpiu(ai) > Σpiu(bi), u ∈ UM (I) analog für ~ und ≺ Präferenz lässt sich dann direkt anhand der Verteilungsfunktionen der Alternativen überprüfen
- Prüfung auf stochastische Dominanz (Definition) Definition: stochastische Dominanz: eine Alternative a dominiert eine Alternative b stochastisch, wenn für jede Ausprägung der Zielvariablen die Wahrscheinlichkeit, diese zu überschreiten, bei a mindestens genau so hoch wie bei b ist und für mindestens eine Ausprägung bei a höher als bei b ist Satz: stochastische Dominanz für alle streng monoton steigenden Nutzenfunktionen u є UM(I) gilt: wenn a b stochastisch dominiert, dann ist Eu(a) > Eu(b)
- Prüfung auf stochastische Dominanz (anhand des Risikoprofils) stochastische Dominanz wird anhand des Risikoprofils 1-P(x) geprüft Wahrscheinlichkeit mit der eine Alternative den Wert x überschreitet a dominiert b stochastisch, wenn 1-Pa(x) ≥ 1-Pb(x) für alle Werte von x gilt und 1-Pa(x) > 1-Pb(x) für mindestens einen Wert von x gilt besonders transparent: Analyse der grafischen Darstellung der Risikoprofile von Alternativen sog. Risikoanalyse
- Sensitivitätsanalysen bei unvollständiger Information kann mit einer Sensitivitätsanalyse insb. gezeigt werden, wie Entscheidungen von Wahrscheinlichkeitsurteilen und Nutzenurteilen abhängen bei welchen kritischen Wahrscheinlichkeiten oder Nutzenurteilen zwei Alternativen gleich gut sind Beispiele: stochastische Dominanz Sensitivitätsanalyse
- Entscheidung bei mehreren Zielen (von Klausur ausgeschlossen) Erweiterung der Ideen der multiattributiven Wertfunktion zur multiattributiven Nutzenfunktion diese repräsentiert Präferenzen des Entscheiders bzgl. - der Ausprägung der verschiedenen Attribute und - des Risikos bei Unsicherheit wird eine Alternative a durch eine Verteilung von möglichen Ausprägungskombinationen bestimmt a = [p1, (a11, …, a1m); p2, (a21, …, a2m); …; pn, (an1, …, anm)] mit anderen Worten: wählt der Entscheider a, sind n Konsequenzen möglich und mit der Wahrscheinlichkeit pitrifft ein Ereignis i mit der Konsequenz (ai1, …, aim) ein
- Additives Modell bei mehreren Zielen (von Klausur ausgeschlossen) multiattributive Nutzenfunktion u(x) = u(x1, x2, …, xm) soll Präferenzen des Entscheiders abbilden, so dass gilt a ≻ b Eu(a) > Eu(b) wünschenswert wäre eine additive Nutzenfunktion u(x) = Σ krur(xr) dabei seien ur(xr) die auf [0, 1] normierte eindimensionale Nutzenfunktion für das Attribut Xr kr die Gewichte bzw. Skalierungskonstanten der Attribute mit kr>0 und ∑kr=1 bei einer riskanten Alternative wäre dann der Nutzen-Erwartungswert EU(a) = Σpi * Σkr * ur(air) EU entspricht der Summe der mit den Wahrscheinlichkeiten gewichteten Nutzen der Konsequenzen Voraussetzung für Anwendung des additiven Modells: additive Nutzenunabhängigkeit, d.h. die Präferenzen über Lotterien dürfen nur von den Verteilungen der einzelnen Attribute X1, …,Xm und nicht von den Verteilungen von Attributkombinationen abhängen
- Additives Modell bei mehreren Zielen (Gründe für das Fehlen von additiver Nutzenunabhängigkeit) (von Klausur ausgeschlossen) substitutive Beziehungen zwischen den Zielen - Wenn Getränk, dann ist Essen nicht so wichtig! komplementäre Beziehungen zwischen den Zielen - Essen ist schöner mit Getränk! intrinsische Risikoaversion - „weder Essen noch Getränk“ wird stark gescheut manchmal kann additive Nutzenunabhängigkeit durch eine Redefinition der Ziele erreicht werden, ansonsten sind nichtadditive Modelle zu wählen, z.B. das multiplikative Modell
- Multiplikatives Modell bei mehreren Zielen (von Klausur ausgeschlossen) multiplikative Nutzenfunktion ist definiert durch u(x) = [∏ (k*kr*ur(xr)+1)] / k ur: eindimensionale Nutzenfunktionen kr: Skalierungskonstanten k: Interaktionskonstante k ergibt sich aus: 1+k = ∏ (1+k*kr)
- Multiplikatives Modell bei mehreren Zielen (2 Attribute) (von Klausur ausgeschlossen) bei 2 Attributen ergibt sich die folgende multiplikative Nutzenfunktion u(x) = k1u1 + k2u2 + kk1k2u1u2 mit k = (1-k1-k2) / k1k2 bei mehr als 2 Attributen muss k iterativ ermittelt werden Erwartungsnutzen einer Alternative a: EU (a) = Σ pi * [∏k*kr*ur(xr) + 1] / k
- Multiplikatives Modell bei mehreren Zielen (Nutzenzusammensetzung) (von Klausur ausgeschlossen) Nutzen setzt sich zusammen aus gewichteten Einzelnutzen der Attribute und multiplikativem Term, der die Interaktion der Attribute wiedergibt. Dabei sind folgende Interaktionen möglich ∑kr=1, k=0 → d.h. keine Interaktionen ⇒ additives Modell ∑kr<1, k>0 → d.h.nur komplementäre Interaktionen ∑kr>1, -1<k<0 → d.h. komplementäre und substitutiveInteraktionen
- Multiplikatives Modell bei mehreren Zielen (Voraussetzung für Anwendung) (von Klausur ausgeschlossen) Voraussetzung für Anwendung des multiplikativen Modells: wechselseitige Nutzenunabhängigkeit, d.h. - Präferenzen über Lotterien, die sich nur in den Ausprägungen von Xr unterscheiden, sind unabhängig von den fixierten Niveaus der übrigen Attribute - dabei muss jede Teilmenge der Attribute nutzenunabhängig von ihrer Komplementärmenge sein wesentlich schwächere Bedingung als additive Nutzen-unabhängigkeit (bei additivem Modell) sehr ähnlich zu Präferenzunabhängigkeit bei Sicherheit - allerdings werden Präferenzen über Lotterien anstatt über sichere Konsequenzen abgefragt