Entschuldigungsgründe
tragen besonderen Tatumständen Rechnung, die den Unrechts- und Schuldgehalt so stark herabsetzen, dass die Grenze der Strafwürdigkeit erreicht wird
§ 35 Der entschuldigende Notstand: Voraussetzungen
Spezifische Notstandslage Notstandshandlung Fehlende Zumutbarkeit der Gefahrhinnahme nach § 35 I 2 StGB Handeln in Kenntnis und zur Abwendung der Gefahr
Spezifische Notstandslage
gegenwärtige Gefahr für Leben, Leib oder Freiheit des Täters, eines Angehörigen oder einer ihm nahestehenden Person
Notstandshandlung
Handeln zur Abwendung der Gefahr bei fehlender anderer Abwendbarkeit, also Rettung eines Rechtsgutes durch Aufopferung eines anderen Erforderlichkeit Verhältnismäßigkeit
§ 35 Entschuldigender Notstand
1.Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib oder Freiheit eine rechtswidrige Tat begeht, um die Gefahr von sich, einem Angehörigen oder einer anderen ihm nahestehenden Person abzuwenden, handeltt ohne Schuld 2)Dies gilt nicht, soweit dem Täter nach den Umständen, namentlich weil er die Gefahr selbst verursacht hat oder weil er in einem besonderen Rechtsverhältnis stand, zugemutet werden könnte, die Gefahr hinzunehmen; jedoch kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden, wenn der Täter nicht mit Rücksicht auf ein besonderes Rechtsverhältnis die Gefahr hinzunehmen hatte 2.Nimmt der Täter bei Begehung der Tat irrig Umstände an, welche ihn nach Absatz 1 entschuldigen würden, so wird er nur dann bestraft, wenn er den Irrtum vermeiden konnte. 2)Die Strafe ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern
§ 33 Überschreitung der Notwehr
Überschreitet der Täter die Grenzen der Notwehr aus Verwirrung, Furcht oder Schrecken, so wird er nicht bestraft
Voraussetzungen der Notwehrüberschreitung
1.Vorliegen einer Notwehrlage 2.Überschreiten der zulässigen Verteidigung nach Maß oder Dauer 3.Asthenische Affekte -> Handeln aus Verwirrung, Furcht oder Schrecken (keine aggressiven Affekte wie Wut, Hass, Zorn) 4.Bewusstheit oder Unbewusstheit des Exzesses
Erscheinungsformen des Notwehrexzesses
1.Intensiver Notwehrexzess -> Überschreitung des Maßes der erforderlichen und gebotenen Verteidigung 2.Extensiver Notwehrexzess -> Überschreiten der zeitlichen Grenzen der Notwehr 3.Putativnotwehrexzess -> Überschreitung des Maßes der erforderlichen oder gebotenen Verteidigung gegen einen irrig angenommenen Angriff
Die actio libera in causa
-> eine in der Ursache freie Handlung -> das verantwortliche Ingangsetzen einer Ursachenreihe ->Bestrafung zulässig, wenn Täter einen Defekt selbst verschuldet hat und er die Ursachenreihe zu einer bestimmten Straftat, mit deren Ausführung er erst nach dem Verlust seiner Schuldfähigkeit beginnt, noch im Zustand der strafrechtlichen Verantwortlichkeit vorsätzlich oder fahrlässig in Gang gesetzt hat
Rechtsfolgen des extensiven Notwehrexzesses: Ansichten
1.Restriktive Theorie: § 33 StGB setzt voraus, dass eine Notwehrlage besteht und der Täter lediglich das Maß der Verteidigung überschreitet -> keine Notwehrlage = § 33 nicht anwendbar 2.Extensive Theorie: Aus dem Gesetzeswortlauf des § 33 folgt keine Beschränkung auf den intensiven Notwehrexzess -> auch auf den extensiven Notwehrexzess anwendbar 3.Differenzierende Theorie: § 33 auf extensiven Notwehrexzess anwendbar, wenn er nachzeitig ist, d.h. wenn der Agriff bereits beendet ist. Auf den vorzeitigen extensiven Notwehrexzess ( Angriff noch nicht begonnen) ist § 33 nicht anwendbar
Begründungsansätze der actio libera in causa
1.Unvereinbarkeitstheorie -> Figur der alic nicht mit dem geltenden Recht vereinbar 2.BGHst 42 -> Fahrlässig alic bei Erfolgsdelikten überflüssig -> Vorsätzliche wie fahrlässige alic ist unzulässig bei Tätigkeitsdelikten 3.Tatbestandsmodell -> Bereits Herbeiführen des Defektzustandes stellt Beginn der Tatausführung dar -> erste Glied der Kausalkette -> Deliktstatbestand 4.Modifiziertes Tatbestandsmodell -> Sonderfall der mittelbaren Täterschaft -> Täter macht sich zu eigenem Werkzeug -> Ansetzung zur Deliktsverwirklichung 5.Ausdehnungsmodell -> Defektherbeiführung ist schuldrelevantes Vorverhalten 6.Ausnahmemodell -> gewohnheitsrechtlich anerkannte Ausnahme -> Tatbestandliche Handlung ist das Verhalten im schuldunfähigen Zustand
Actio libera in causa: Voraussetzungen
1.Sichversetzen in die Schuldunfähigkeit 2.Begehung einer tatbestandsmäßigen und rechtswidrigen Straftat im Zustand der Schuldunfähigkeit 3.Vorsatz bzgl. des Sichversetzens und der Begehung im Zeitpunkt der Schuldfähigkeit