Eignungsdiagnostik und Personalentwicklung (Fach) / Psychologische Tests (Lektion)
Basics:
- Autoren: H. Schuler & M. Prochaska - 2001- Dauer: Langform: 30–40 Kurzform: 10 - Einzel- und Gruppentest- keine Zeitbeschränkung - ab 16 Jahren, deutsche Sprachkenntnisse, mindestens mittlerer Bildungsabschluss primär beruflicher Bereich
Diagnostische Zielsetzung:
- Erfassung breites Spektrums von Persönlichkeitsmerkmalen die Komponenten von Leistungsmotivation (LM) sind (oder eng in Beziehung stehen) - Beantwortung personal-diagnostischer Fragestellungen: - interindividuelle Unterschiede = Anspruchsniveau, persönliche Voraussetzungen zur Selbstverwirklichung im Beruf (z.B. Antriebsstärke, persönliches Potenzial) - Fokus: Selbst gesetzte Ziele Leistungsmotivation umso bedeutsamer, je freiwilliger die Handlung
Testmaterial:
- Manual - Je 20 Frage- und Auswertungsbogen für Lang- und Kurzform - 5 Schablonensätze - 20 Profilblätter zur Ergebnisdokumentation
Konstruktionsgrundlage/Theorie:
- rational und induktiv untersucht - Analyse vorliegender Verfahren und Literatur zur LM - Ziel: a) alle Dimensionen und Merkmale (Leistungsmotivation&Perönlichkeitspsychologie) erfassen b) Gültigkeit für alle Lebensbereiche (nicht nur beruflich)- Keine theoretische Basis für alle LMI-Dimensionen
Ergebnis: Zwiebelmodell
innen: Kernfacettenz.B. Beharrlichkeit und Erfolgshoffnung
dann: Randfacettenz.B. Selbstständigkeit und Statusorientierung
dann: theoretisch verbundene Merkmalez.B. Selbstvertrauen und Kontrollüberzeugung
dann HintergrundmerkmaleBig 5
- Facetten aus verschiedenen Bereichen gleichbedeutend eingeschlossen Breite: zunächst 728 Items, 38 Dimensionen - Expertenbeurteilung der Items: Eindeutigkeit, Verständlichkeit, Klarheit, Zugehörigkeit z einer Dimension, dem Aufforderungscharakter für sozial erwünschte Antworten und durch Itemkennwerte => Itempool 17 Dimensionen mit je zehn Items - Struktur durch explorative Faktorenanalysen geprüft- Kurzversion (LMI-K): Items hohe Korrelationen zum Gesamtwert & möglichst viele Einzeldimensionen abdecken
Itemaufbau:
- ursprünglich Papier-und-Bleistift Verfahren - 7-stufigen Skala - 170 Items - Kurzversion: Ein Frage- und ein Auswertungsbogen (30 Items)
=> sehr schwammiges und breites Begriffsverständnis von Leistungsmotivation
17 finale Dimensionen + repräsentatives Item:
1. Beharrlichkeit: - Ausdauer, Kräfteeinsatz zur Aufgabenbewältigung (selbst- & fremd gestellt)- „Wenn ich bei meiner Arbeit sitze, gibt es kaum etwas, das mich stören könnte.“
2. Dominanz: - Tendenz, Macht und Einfluss auf andere auszuüben- „Wenn ich mit anderen zusammenarbeite, übernehme ich gewöhnlich die Initiative.“
3. Engagement: - Anstrengungsbereitschaft, -höhe und Arbeitsmenge- „Ich arbeite mehr als die meisten anderen Leute, die ich kenne.“
4. Erfolgszuversicht: - Erwartung, dass die Bewältigung der Aufgaben gelingen wird. - „Ich bin überzeugt davon, dass ich es beruflich zu etwas bringen werde.“
5. Flexibilität: - wie wir auf neuartigen Aufgaben und Situationen reagiert- „Ich bin allem Neuen gegenüber aufgeschlossen.“
6. Flow: - intensives, konzentriertes widmen beruflicher Aufgaben/Probleme (Ablenkung Ausblendung)- „Es bereitet mir Freude, mich ganz in eine Aufgabe zu vertiefen.“
7. Furchtlosigkeit: - möglichen Misserfolgen/Scheitern in das Handeln einbeziehen- „Wenn ich vor anderen etwas vorführen soll, habe ich Angst, mich zu blamieren.“ (–)
8. Internalität: - Handlungsergebnisse eigenen Handlungen zuzuschreiben (!= externe Faktoren)- „Mein Erfolg hängt vor allem von meinem eigenen Verhalten ab.“
9. Kompensatorische Anstrengung: - Anstrengung und Kraftaufwand aus Angst vor Misserfolg und Versagen - „Wenn ich fürchte, Fehler zu machen, strenge ich mich besonders an.“
10. Leistungsstolz: - das Beste zu geben wollen, Leistung steigern wollen, positive Gefühle durch Erfolg wiederholen - „Ich denke gern daran, was ich schon alles geschafft habe.“
11. Lernbereitschaft: - Bemühen, neue Kenntnisse zu erwerben und eigenes Wissen zu erweitern- „Einen großen Teil meiner Zeit verbringe ich damit, Neues zu lernen.“
12. Schwierigkeitspräferenz: - Wahl des Anspruchsniveaus und Risikos bei Aufgaben- „Schwierige Probleme reizen mich mehr als einfache.“
13. Selbstständigkeit: - Neigung zu eigenständigem Handeln- „Ich bin gern allein verantwortlich für das, was ich tue.“
14. Selbstkontrolle: - Art der Organisation und Durchführung von Aufgaben- „Bevor ich mit einer neuen Arbeit beginne, mache ich mir immer zuerst einen Arbeitsplan.“
15. Statusorientierung: - Bestreben um wichtige Rolle, vorderen Platz in der sozialen Hierarchie - „Ich habe mir vorgenommen, es beruflich weit zu bringen.“
16. Wettbewerbsorientierung: - Konkurrenz als Ansporn und Motivation für eigene Leistung - „Es ärgert mich, wenn andere Besseres leisten als ich.“
17. Zielsetzung: - Zukunftsbezug – Pläne, Ziele, Ansprüche, Vorstellungen über die eigene Entwicklung- „Es ist mir wichtig, meine Tüchtigkeit zu steigern.“
Auswertung:
- 7-stufige Ratingsskala - skalenweise Addition (Schablonen), Berücksichtigung der Invertierung - Gesamtwert = Addition der Skalenrohwerte wird anschließend in Normwerte transformiert - computergestütztes Auswertungsprogramm Skalenwerte, Gesamtrohwerte + graphisches Netzdiagramm schneller, einfacher und weniger fehleranfällig- fehlen mehr als zwei Werte eine Skala, nicht mehr auswerten und kein Gesamtwert- Dauer: 10–30 Minuten Langform 3–10 Minuten Kurzform
Interpretation:
- ausführliche Skalenbeschreibungen der Leistungsmotivationsdimensionen & Normtabellen - Zwei Fallbeispiele aus Personalauswahl, ein Fallbeispiel aus der Personalentwicklung
Gütekriterien:
Objektivität:
- Durchführungsobjektivität gegeben (Standardinstruktion und klare Durchführungsrichtlinien) - Auswertungsobjektivität prinzipiell gegeben (Schablonen, Auswertungsprogramm) aber manuelle Auswertung fehleranfällig, da 170 Zahlen addiert und einige invertiert werden- Interpretationsobjektivität okay (ausführliche verbale Dimensionsbeschreibungen Formulierungsvorschläge Rückmeldung Zwei Fallbeispiele)
Reliabilität:
- Interne Konsistenz: - Skalen zwischen .68 (Internalität) und .86 (Schwierigkeitspräferenz) - Gesamtstichprobe: Gesamtwert = .89 allerdings Konsistenzkoeffizienten in nur sieben Skalen über .80 - Kurzform = .94. nicht verwunderlich, da der Höhe ihrer Korrelation mit dem Gesamtwert ausgewählt - Retest-Reliabilität: - nach 3 Monaten: zwischen .66 (Flow) und .82 (Statusorientierung) N=205: Berufsschülern&Wirtschaftsgymnasiasten Gesamttest: Restwert = .86. - LMI-Kurzform: .78
Validität
Inhaltsvalidität: - Itemformulierung in Anlehnung an Theorien der Leistungsmotivation => "inhaltsvalide"- Beleg: vier Experten haben Items beurteilt (Repräsentativität, inhaltliche Stimmigkeit)
Konstruktvalidität: - Skalen sind nicht unabhängig voneinander durchschnittliche Korrelation .34 bis .63. - Faktorenanalysen: drei übergeordnete Faktoren - Ehrgeiz - Unabhängigkeit - aufgabenbezogene Motivation- Auf die Faktoren wird im Testmanual nicht weiter Bezug genommen Anwender sollen mit dem Gesamtwert rechnen- LMI-Gesamtwert korelliert: - Skala Gewissenhaftigkeit des NEO-FFI .57 - Skala Neurotizismus des NEO-FFI –.40 - Skala Extraversion .23.- ininsgesamt gut in die Persönlichkeitsstruktur der Big Five einbindbar aber Big 5 nur unvollständig repräsentiert.
Kriteriumsvalidität: - höhere Werte auf Dimensionen: - Männer: Dominanz, Erfolgszuversicht Furchtlosigkeit - Frauen: Selbstkontrolle und kompensatorische Anstrengung - Ältere: Leistungsbereitschaft - höheree Bildungsabschluss: höhere LMI-Werte - Korrelationskoeffizienten: - LMI-Wert & objektive Leistungskriterien gering (Erfolgen in Schule/Studium, Teilnahme an Wettbewerben, Zahl der Hobbys und der Übernahme öffentlicher Funktionen) - LMI-Skala Engagement & faktische Wochenarbeitszeit (Überstunden) = .35, - LMI-Skala Engagement & vertraglich vereinbarten Arbeitszeit = .38 - Skala Dominanz & höheren Hierarchiestufen (.43) - Skala Schwierigkeitspräferenz & Interesse für Kundenberatung .53 - LMI-Wert & Ausbildungserfolg nur drei der 17 Zusammenhangskoeffizienten signifikant aber auch unter .30.
Normen:
- N=1671 (Berufsschüler: 1008) geschlechtsspezifisch verschiedene Ausbildungs- und Berufsgruppen- separate Normen für: Wirtschaftsstudenten, Berufsschüler in kaufmännischen Ausbildungsberufen Wirtschaftsgymnasiasten Berufstätige in Finanzdienstleistungsunternehmen Spitzensportler- Berufsschülern: N = 1008 Personen => übrige Gruppen mit Faktor 4 gewichter = artifizieller Stichprobenumfang N = 3660- Teilweise innerhalb von Berufsgruppen geschlechtsspezifische Aufteilung- gesonderte Normen für Kurzversion (Geschlecht und Gruppen). Teilstichprobe N=360 Wirtschaftsstudenten übrigen Normgruppen: Rohwerte der Kurzform aus den Items des Gesamttests berechnet- Anhang: 31 Normtabellen: Prozentränge (PR), Stanine-Werte (STN) und Standardwerte (SW) für die Einzeldimensionen und für den Gesamtscore
Vorteile:
1. internationales Novum
2. berücksichtigt sehr viele Aspekte der Leistungsmotivation => Leistungsmotivation wird umfassend gemessen
3. Hinsichtlich Objektivität und Reliabilität vergleichbar mit anderen Persönlichkeitsverfahren Vergleichsweise geringe Kriteriumsvalidität ist typisch für Persönlichkeitstests
4. Berufsbezug
Nachteile:
1. Vorteil (2: Breite) gleichzeitig Nachteil: Leistungsmotivationskonstrukt zu viele Dimensionen eingeschlossen!= Kern des Konstrukts
2. Für viele Skalen gibt es keine empirischen Nachweise
3. dreifaktorielle Struktur erlaubt streng genommen keine Bildung eines LMI-Gesamtwertes
4. inhaltlich schwierig einen Gesamtwert zu interpretieren (sehr viele unterschiedliche Aspekte)
5. teilweise nur unklare Richtlinien zum Vorgehen: - Möglichkeit offengelassen, nach eigenem Belieben Skalen auszuwählen und interpretieren
5. es fehlen relevante Nachweise der Kriteriumsvalidität der Personalauswahl, -entwicklung soziale Erwünschtheit?? (Gerade in der Personalauswahl: verfälschte Ergebnisse)
6. Interpretationshilfen sind teilweise eher verwirrend Fallbeispiele können nicht auf andere Fälle übertragen (keine generalisierbare Hilfe)
7. Normangebot Fokus: Kaufmännischer und wirtschaftswissenschaftlicher Bereich
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