Unternehmensführung (Fach) / Verantwortungsbewusste UFÜ III (Lektion)

Vorderseite KE III Kapitel 5 P.69 Kritik an CSR
Rückseite

Persistenz des Profit- Paradigmas

CSR ist kein Allheil- oder Wundermittel, das – richtig dosiert – die profitfokussierteDNA des Unternehmens „kurieren“ könnte, indem es Unternehmen,mehr noch, das gesamte kapitalistische System, in ein „Post-Profit Paradigma“(S. 87) führen könnte. Abgelehnt werden in diesem Zusammenhangausdrücklich auch politwissenschaftliche bzw. moralphilosophische Überlegungen(namentlich Scherer/Palazzo 2007), denen zufolge die zunehmendeMacht von Großunternehmen durch eine zunehmende Demokratisierung derSpitzenorganisation solcher Unternehmen legitimiert werden könnte, Unternehmenspolitik gleichsam interessenplural und argumentativ im Sinne der Diskursethikausgestaltet werden sollte ( Kapitel 2.2 sowie 5.3.2). Abgelehntwird dies kurz gesagt deshalb, weil hierfür nicht weniger als eine „soziale Revolution“notwendig wäre (S. 87).

CSR als reines Gerede

- CSR ist Propaganda, was exemplarisch mit dem Verweis auf den ehemaligenUS-amerikanischen Energiekonzern Enron hinterlegt wird – ein Unternehmen,dessen CSR-Politik gemeinhin als vorbildlich galt (mit den ethischen Maximen„respect – integrity – communication”), das 2001 dann allerdings aufgrundkrimineller Machenschaften (v.a. Bilanzfälschungen) den weltweit bislang wohlgrößten Unternehmensskandal auslöste. Dieses Beispiel verallgemeinern dieAutoren anhand eines Zitates von Roberts (2003, S. 250), das besagt: „My fearis that all this talk of ethics is just that – talk; new forms of corporate selfpresentationthat have no reference to or influence on what is practiced in thename of the corporation (...). In this form, corporate social responsibility ischeap and easy, a sort of prosthesis, readily attached to the corporate body,that repairs its appearance but in no way changes its actual conduct.”

Nach Einschätzung von Fleming/Jones ist CSR zwischenzeitlich aber keineswegsmehr nur eine legitimationsbezogene Reaktion von Unternehmen auf dieöffentliche Kritik an Unternehmen, mit dem Ziel der „Vernebelung“ des eigenenunethischen Handelns. Vielmehr „pervertiert“ CSR zu einem Parasiten,gleichsam zu einem aktiven profitorientierten Raubzug von Unternehmen indie nicht-profitorientierten Bereiche der (Lebens-)Welt (S. 81). Verdeutlichtwird diese abstrakte These mit der unternehmerischen Strategie, alle Bereicheeiner alternativen und ethischen Ökonomie, deren Entstehung ja gerade durchdas unethische Verhalten mächtiger und profitorientierter Unternehmen zu erklärenist, dann aufzukaufen, wenn sie profitabel sind (vgl. S. 89ff.). Als Beispielhierfür wird auf den Lebensmittelkonzern Nestlé verwiesen (S. 91f.), derzunehmend erfolgreiche oder erfolgversprechende Unternehmen aus dem Bereichdes „Fair Trade“ aufkauft, ohne allerdings seine bisherigen profitablen,aber unfairen Lieferbeziehungen aufzugeben. Vergleichbares könnte für denKosmetikkonzern L’Oréal gelten, der in 2006 das ethische VorzeigeunternehmenThe Body Shop für 652 Millionen britische Pfund aufkaufte – wobei dieSchweizer Filialen notabene (in 2010 und via der Schweizer Coop) von Nestlé erworben wurden. Das unternehmerische Motto wäredamit sozusagen: Wir kaufen das, was uns schaden soll, so dass es uns nutzt!

Ethik und Erfolg bleiben gegensätzlich

lahmende Forschung

Allgemein gesprochenbedeutet dies: „Im Zeitalter des Superkapitalismus können es sich globalagierende Konzerne gar nicht leisten, sozsozial verantwortlich zu handeln“

CSR, so ließe sich resümieren, verkennt damit schlicht die Logik des Superkapitalismus.

politische Ethik statt Unternehmensethik

Reich zuletzt dann doch wenigstens eine Verantwortungder unternehmerisch Verantwortlichen ein: „Manager, die ehrlichetwas Gutes tun wollen, können keinen besseren Beitrag leisten, als ihr Unternehmenaus der Politik herauszuhalten. Wenn es so etwas wie Unternehmensverantwortunggibt, dann besteht sie darin, die Demokratie nicht zu korrumpieren

Post-Demokratie

Den Kern der Problematik sieht Reich damit – wie andere auch imzunehmenden „Politikversagen“ bzw. in folgenden („post-demokratischen“) Verhältnissen:„Das politische Geschehen in den Parlamenten, Ausschüssen, Ministerienund Behörden wird von Unternehmen bestimmt, die einen Konkurrenzvorteil suchen.Die meisten Gesetze und Verordnungen werden auf Betreiben von Unternehmenoder Wirtschaftssegmenten verabschiedet, und die meisten Konflikte undKompromisse entstehen zwischen konkurrierenden Unternehmen und Branchen.

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