Jura (Fach) / Öffentliches Recht (Lektion)

Vorderseite Rückwirkungsverbot
Rückseite

Das Rückwirkungsverbot sagt aus, dass zu einem späteren Zeitpunkt erlassene Gesetze nicht auf einen früher stattgefundenen Sachverhalt angewendet werden dürfen.

1. Hintergrund des Rückwirkungsverbotes

Das Rückwirkungsverbot basiert auf dem Rechtsstaatsprinzip, Art. 20 Abs. 1, 3 GG.

Es soll dem Bürger verdeutlichen, was strafbar ist und was nicht. Er soll darauf vertrauen können, die Strafbarkeit seines Verhaltens einstufen zu können.

2. Welche Arten von Rückwirkungsverbot gibt es

Es wird zwischen echter und unechter Rückwirkung unterschieden.

Die echte Rückwirkung ist dann gegeben, wenn durch ein Gesetz rückwirkend bestimmte Rechtsfolgen eintreten sollen, obwohl der betreffende Sachverhalt bereits abgeschlossen ist.

Bei der unechten Rückwirkung soll ein Gesetz auf noch nicht abgeschlossene Sachverhalte angewendet werden und somit zukünftige Rechtsfolgen setzen.

3. Wo gilt das Rückwirkungsverbot

Im Strafrecht gilt das absolute Rückwirkungsverbot. Was zur Zeit der Tatbegehung nicht strafbar war, kann nicht im Nachhinein mit Strafe bedroht werden. Dafür sorgt die Garantiefunktion des Strafrechts (Art. 103 Abs. 2 GG, Art. 7 EMRK).

Außerhalb des Strafrechts gilt nicht das absolute Verbot der Rückwirkung, sondern es wird lediglich eine echte Rückwirkung untersagt. Die unechte Rückwirkung bleibt zulässig.

Beispielfall zum Rückwirkungsverbot

Der Bundesgerichtshof hatte über die nachträgliche Sicherungsverwahrung zu entscheiden, für die zuvor die Rechtslage geändert wurde. Es ging in dem Fall um das Landgericht Frankfurt (Oder), das gegen einen Verurteilten nachträglich die Sicherungsverwahrung angeordnet hat. Als Grundlage dafür hat es die zum 18.04.2007 in Kraft getretene Vorschrift § 66 b Abs. 1 Satz 2 StGB herangezogen. Diese besagt, dass die nachträglich anzuordnende Sicherungsverwahrung auch dann nicht ausgeschlossen ist, wenn bei der Anlassverurteilung die Gefährlichkeit des Verurteilten schon erkennbar war, es jedoch aus rechtlicher Sicht nicht zu einer Sicherungsverwahrung zum damaligen Zeitpunkt kommen konnte.

Es ging um einen 1993 Verurteilten, dem Mord und Totschlag zur Last gelegt wurden. Die Strafe lautete auf 15 Jahre Haft. Nach Verbüßung der Strafe befand das Landgericht Frankfurt (Oder), dass der Verurteilte als gefährlich einzustufen sei. Zu der überaus gewaltsam begangenen Tat von damals kamen noch Drohungen gegen Polizei und Justizbeamte hinzu, die der Verurteilte während seiner Gefangenschaft aussprach.

Bereits 1993 sei die Gefährlichkeit des Verurteilten zu erkennen gewesen. Eine entgegenstehende Regelung im Einigungsvertrag ließ jedoch zum damaligen Zeitpunkt eine Anordnung der Sicherungsverwahrung nicht zu. Der Verurteilte hat sich gegen diese Anordnung gerichtlich gewehrt. Jedoch bestätigte der Bundesgerichtshof, dass § 66 b Abs. 1 Satz 2 StGB nicht verfassungswidrig sei. Das absolute Rückwirkungsverbot aus Art. 103 Abs. 2 GG gelte nur wenn es um die repressive, schuldunabhängige Strafe ginge. Stehe jedoch die Sicherungsverwahrung in Frage, die dem Schutz der Allgemeinheit dient, wird diese nicht vom Verbot der Rückwirkung erfasst. Zudem seien diese Fälle von vorneherein auf wenige Ausnahmen zu begrenzen und kämen nur bei besonders gefährlichen Tätern in Frage. [BGH, 15.04.2008, 5 StR 431/07]

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