Jura (Fach) / Öffentliches Recht (Lektion)

Vorderseite Bestimmtheitsgrundsatz
Rückseite

Der Begriff Bestimmtheitsgrundsatzkennzeichnet eine Ausformung des, gemäß Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland garantierten, Rechtsstaatsprinzips.

Der Bürger muss erkennen können, welche Rechtsfolgen sich aus seinem Verhalten ergeben können. Die staatliche Reaktion auf Handlungen muss voraussehbar sein, andernfalls wäre der Bürger der Willkür des Staates ausgesetzt. Damit ist festgelegt, dass vor allem für Gesetzestexte und für Verwaltungsakte, also immer wenn der Staat dem Bürger gegenüber auftritt, eine hinreichend klare Formulierung und eine Bestimmung der Rechtsfolgen Voraussetzung sein muss. Dies steht häufig im Konflikt mit der notwendigen Abstraktheit, mit der vor allem Gesetze formuliert werden müssen, damit sie auch alle relevanten Fälle regeln.

Der Gesetzgeber steht dabei immer wieder vor dem Problem, dass nicht alle erdenklichen Lebenssachverhalte antizipiert in den Regelungen aufgenommen werden können. Auch auf atypische Situationen muss per Gesetz reagiert werden können. Daher sind die meisten Gesetze sehr abstrakt formuliert. In der Rechtswissenschaft wird daher auch bei einigen Gesetzen über deren Vereinbarkeit mit dem Bestimmtheitsgrundsatz diskutiert. Auch das Bundesverfassungsgericht hat schon deutsche Gesetze wegen eines Verstoßes gegen den Bestimmtheitsgrundsatz verworfen (Bsp.: das Volkszählungsgesetz 1983 war laut BVerfG so unverständlich formuliert, dass "der auskunftspflichtige Bürger die Auswirkungen dieser Bestimmung nicht mehr zu übersehen vermag". Veröffentlicht in BVerfGE − Entscheidungssammlung des BVerfG, Band 65, S. 1 und 165, weiteres Beispiel: BVerfGE, Band 100, S. 313/360).

Zulässige Möglichkeit, die Anwendungsmöglichkeiten eines Gesetzes flexibler zu gestalten, sind so genannte unbestimmte Rechtsbegriffe. Ferner wird dem Rechtsanwender ein Beurteilungsspielraum eingeräumt oder ein gewisser Ermessenspielraum zuerkannt.

Eine besondere Formulierung dieses Bestimmtheitsgrundsatzes findet sich nochmals in Art. 103 Abs. 2 GG, der vor allem für Strafgesetze fordert, dass die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt sein muss(nullum crimen/nulla poena sine lege). Daraus wird für das Strafrecht ein weitgehendes Analogieverbot abgeleitet.

Analogien sind in anderen Rechtsgebieten gebräuchlich, um übersehene, von anderen Regelungen nicht erfasste Fälle unter den Tatbestand eines Gesetzes zu fassen, das diesen Fall auch nicht ausdrücklich mitregelt, aber vom Grundgedanken der Regelung eine systematisch stimmige und gerechte Lösung des Falles zulässt. Das entsprechende, vom Wortlaut eigentlich nicht passende Gesetz wird dann "analog" auf den konkreten Fall angewandt.

Im Strafrecht wird die analoge Anwendung von Vorschriften zu Lasten des Täters daher ausgeschlossen, da Analogien eben nicht bestimmt sind, da sie ja nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt sind.

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