Europarecht (Fach) / 1. Eingrenzung (Lektion)

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Eingrenzung des Rechts

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  • 1. Wie definiert man Europarecht? Es gibt die geografische D (gemeint ist der Kontinent), eine kulturell-historische Definition und eine politische Definition.  Die politische Definition wird als Verfassungspatriotismus und Wertegemeinschaft verstanden und bevorzugt, da sie den Europabegriff für jede Gemeinschaft und jedes Individuum öffnet die sich zu den europäischen Werten bzw der Verfassung bekennen (Integrationshöhe) 
  • 2. Was ist EU-Recht? Es ist das vom EU-Gesetzgeber erzeugte Recht, dazu gehören: das von den MS vorgegebene Primärrecht und das von den Organen der EU erzeugte Sekundärrecht. Die Eingrenzung gilt unabhängig davon ob das Recht für alle oder nur einen Teil der MS (Opt-Out) gilt oder ob Nicht EU-Staaten beteiligt sind.  Anderes Völkerrecht ist nur dann beteiligt, wenn es aufgrund primärrechtlicher Anordnungen miteinbezogen wird. Die Übernahme erfolgt durch die Beteiligung und Ratifikation der EU-Gesetzgeber und wird in den sogenannten Mezzaninrang eingeordnet, daraus ergeben sich im Einzelfall Vorgaben für das allgemeine Sekundärrecht. Der EugGH nimmt in Bezug auf solche Abkommen eine eigenständige Auslegungsbefugnis wahr, trotzdessen sind nicht alle dieser Abkommen unmittelbar wirksam.  Beispiele: Welthandelsabkommen (WTO), Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), Partnerschaftsabkommen: bilaterale Verträge mit der Schweiz die eine EWR-artige Beziehung herstellen, Assoziierungsabkommen: Zollunion mit der Türkei
  • 3. Wozu Europarecht? Die EU ist nach der utilitaristischen Perspektive nützlich. Es ist ein Friedensprojekt und fördert durch ihre Integrationshöhe den kulturellen Austausch der Unionsbürger, schützt sie auch mit Rechten. Es gewährt einen wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt der Union die für strukturschwachen Regionen und sensiblen Sektoren äußerst nützlich ist. Nach der Théorie de la bicyclette von Walter Hallstein ist die EU wie ein Fahrrad das umfällt wenn nicht andauernd in dei Pedale getreten wird. Auch eine EU kollabiert, wenn sie Integrationspolitisch zum Stillstand kommt. Die Poly-Krise führt zu Zweifeln an Europa, Szenarien für die weitere Integration: Weiter wie bisher, Konzentration auf große gemeinsame Aufgaben / generelle Vertiefung der Integration.  Nach der Praxisperspektive entsteht neben dem nationalen Rechtsgefüge eine zweite ebene die völlig autonom ist. Das Europarecht erfasst inzwischen so viele Bereiche, dass die Zahl der Rechtsmaterien ohne europarechtliche Vorgaben oder einer Prüfebene sehr klein ist.
  • 4. Ist das Europarecht Völkerrecht oder eine eigene Materie Das Europarecht basiert auf völkerrechtliche Verträge die von multilateraler Dipolimatie geprägt ist. Es gibt zudem eine gemeinsame Außen und Sicherheitspolitik (GASP), Einstimmigkeitserfordernisse, die Konsensmethode und Kompromisse im Rat, sowie ein Sperrminoritäten-Kompromiss, Protokolle und Erklärungen.  Allerdings hat sich das Europarecht weit über das VR hinausentwickelt und durch ihr Konstitutionalisierungsprozess, also den Rechten und Pflichten die in die tägliche Rechtspraxis eingreifen, bereits staatentypische Merkmale angenommen. Auch die Unionsmethode - statt dem Intergouvernementalismus - und die Supranationalität spricht für eine eigene Materie. 
  • 5. Was ist die Unionsmethode? Die Unionsmethode bezeichnet Besonderheiten bei der Gestaltung der handlungsbefugten Organe und Verfahren. Sie fördern die Effizienz und Effektivität. Beispiele sind:  - das Initiativmonopol der Kommission die unabhängig von Staaten und den Interessen der EU handeln - die qualifizierte Mehrheit im Rat für das Beschlussfassungsquorum, wodurch die MS von anderen überstimmt werden können - Aufwertung des Parlaments zum Ko-Gesetzgeber in den meisten Bereichen des UR - die unmittelbare Geltung und unmittelbare Vollzugseignung, das heißt die MS haben keine Wahlfreiheit und die Akten der EU haben keinen Ratifikationsbedarf  - eine vollwertige gerichtliche Kontrolle des EuGH und der untergeordneten Gerichte, was eine Rechtswirkung und Rechtsqulaität schafft, die es so im VR nicht gibt
  • 6. Was ist die Supranationalität? Eine Rechtsqualität die dem nationalen Recht näher ist als dem VR. Die sui generis Rechtsordnung zeichnet die Autonomie des UR aus. Sie haben eigene Begriffe und Methoden. Beispiele sind:   1. die unmittelbare Geltung - Rechtsanwendung 2. die unmittelbare Anwendbarkeit - Rechtswirkung: Direktwirkung 3. der Vorrang des Unionsrechts vor dem nationalen Recht 
  • 6.1 Was bedeutet Unmittelbare Geltung (Rechtsanwendung) und unmittelbare Anwendbarkeit (Direktwirkung, Rechtwirkung) und vorrang vor dem nationalen Recht Die Rechtsanwendung ist unmittelbar, dh sie tritt mit Rechtserzeugung ein und nicht erst mit Zustimmung der MS. Zudem haben die MS keine Abänderungsmöglichkeit.  Die Direktwirkung bedeutet, dass das Unionsrecht den Einzelnen unmittelbar individuelle Berechtigungen verschafft auch ohne zutun des nationalen Rechts, es bildet eine taugliche Anspruchgsgrundlage die vor den nationalen Gerichten direkt anzuwenden sind (entweder zusammen mit, neben oder statt dem nationalen Recht). Vorrang vor dem nationalen Recht: Das bedeutet, dass die Konfliktlösungsregel bei Widersprüchen in Anwendung tritt. Es kommt nicht zu einer Derogation aber das Unionsrecht erhält einen Anwendungsvorrang. Nach hM gibt es einen integrationsfesten Kern der die Baugesetze der Verfassung schützt und die nicht verdrängbar sind. 
  • 7. Was ist die Staatshaftung? Art 4 Abs 3 EUV regelt, dass die MS geeignete allgemeine oder besondere Maßnahmen zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen ergreifen muss - die Folge des nicht-tuns führt zur Verletzung des Unionsrechts und dadurch zur Staatshaftung. Die Staatshaftung bedeutet, die MS haften ggü Einzelnen für Schäden aufgrund staatlicher Verstöße gegen Garantien des Unionsrechts. Der Anwendungsvorrang soll dazu führen, dass das UR zur Anwendung gelangt - ist dies aber nicht möglich zB weil das Unionsrecht einer privaten Partei im Gerichtsverfahren nicht entgegengehalten werden kann oder weil es schon zu spät ist sollte man den Schaden subsidär von der öffentlichen hand erhalten können. Entwickelt wurde sie im Urteil Francovich durch den EuGH in den frühen 90er. 
  • 7.1. Wie kann man eine Verletzung in der Praxis prüfen? Eine Verletzung kann vor den nationalen Behörden und Gerichten geltend gemacht und selbständig geprüft werden, sie fungieren wie die ordentlichen Gerichte der EU. Bei Unklarheiten können sie im Rahmen des Vorabentscheidungsverfahrens sich an den EuGH wenden (gilt für öffentliche und Zivilgerichte). Das Unionsrecht kann man aktiv als Klage oder passiv als Einwendung durchsetzen. Die Anspruchsgrundlage ist jede unmittelbar anwendbare Unionsrechtsnorm, die den Einzelnen Rechte verleiht - genießen Vorrangwirkung. Abhilfemaßnahmen bei festgestellter Verletzung von nationalen Gerichten sind einstweilige Anordnung Beseitigung, Unterlassen, Schadenersatz etc.