Mikrobiologie (Fach) / Bakterien, Viren, Pilzen, Protozoen (Lektion)

Vorderseite Pilztoxine
Rückseite

Viele Großpilze bilden toxische Substanzen als Sekundärmetabolite. Von den etwa 200 Giftpilzarten der nördlichen Hemisphäre, können etwa 50 dem Menschen gefährlich werden. Die Toxine der Schimmelpilze (= sporenbildende Fadenpilze) werden Mykotoxine genannt. Sie können u.a. kanzerogen, neuro- oder nephrotoxisch wirken.

Aflatoxinewerden von einigen Schimmelpilzen, wie z.B. Aspergillus flavus, nachdem das Aflatoxine benannt ist, gebildet. Diese Substanzen wirken hepatotoxisch und, vor allem nach mehrmaliger Aufnahme, kanzerogen. Aflatoxine wirken bereits in geringen Konzentrationen (um 10 µg/kg Körpergewicht) toxisch.

Die kanzerogene Wirkung von Aflatoxin B1 beruht drauf, dass es in der Leber zu einem Epoxid umgebaut wird. Diese sehr reaktive organische Verbindung bindet im Zellkern der Hepatozyten kovalent an die DNA, wodurch die Replikation gestört wird und es zu Mutationen kommt.

Häufig sind Mohn, Nüsse und sowie Getreide und Getreideprodukte mit Aflatoxinen kontaminiert. Aufgrund ihrer hohen Toxizität sind international unterschiedliche Grenzwerte für Aflatoxine in Lebensmitteln festgelegt.

Amanitine und PhallotoxineHierbei handelt es sich um lebensgefährliche Gifte des Grünen und des Weißen Knollenblätterpilzes. Die cyclischen Amanitin-Oligopeptide hemmen Transkription, insbesondere durch Ubiquitinierung der RNA-Polymerase II. Die Proteinbiosynthese und diverse Stoffwechselvorgänge kommen so zum Erliegen. Eine Amanitin-Vergiftung führt zu Leberversagen.

Phalloidin, der Hauptvertreter der Phallotoxine, hat eine amanitinähnliche Struktur. Es bindet filamentäres Aktin und stabilisiert es, indem es die Depolymerisation zu monomerem Aktin hemmt. Die Membranen der Leberzellen werden durchlässig für Ionen, wodurch die Leberzellen nekrotisieren und zerstört werden. Die toxische Wirkung des Knollenblätterpilzes beruht jedoch, entgegen der gängigen Meinung, nicht auf Phalloidin. Phallotoxine können nach oraler Aufnahme nicht im Darm aufgenommen werden und wirken daher nicht toxisch.

Blick in die Klinik!KnollenblätterpilzvergiftungDie Knollenblätterpilzvergiftung ist sehr heimtückisch. Nach dem Verzehr eines Knollenblätterpilzes kommt es erst nach 6–24 Stunden zu heftigen Brech-Durchfällen, die nach 1–2 Tagen wieder nachlassen. Dies täuscht eine Besserung vor, obwohl die Nekrose der Leberzellen zu diesem Zeitpunkt bereits weit fortgeschritten ist. Am 3. Tag kehren die Symptome mit schweren Organschäden (besonders der Leber) zurück. Unbehandelt stirbt der Patient um den 5. Tag. Eine Dosis von 0,1 mg Amanitin pro kg Körpergewicht ist beim Menschen letal. Therapiemöglichkeiten sind die Gabe von:

Aktivkohle (zur Verringerung der enterohepatischen Giftzirkulation)Elektrolyten und harntreibenden MittelnSilibin (ein Inhaltsstoff der Mariendistel) zur Verbesserung der Leberfunktion.Bei schwerer Erkrankung wird eine Lebertransplantation erforderlich.Muscarin und MuscimolDiese Gifte kommen im Ziegelroten Risspilz, im Pantherpilz und im Fliegenpilz vor. Muscarin (Hauptgift des Ziegelroten Risspilzes) wirkt an den muskarinergen Acetylcholinrezeptoren der Nervenzellen. Da es nicht abgebaut werden kann, führt es zu einer Dauererregung. Innerhalb von einer halben Stunde nach Aufnahme des Giftes kommt es zu Sehstörungen, der vermehrten Bildung von Schweiß, Speichel und Tränenflüssigkeit, sowie Durchfall und Erbrechen. Ein weiteres Symptom ist Bronchospasmus. Im schlimmsten Fall kann eine Muscarinvergiftung zum Tod führen. Durch rechtzeitige Gabe von Atropin verschwinden die Vergiftungserscheinungen in kürzester Zeit.

Die Giftigkeit des Fliegenpilzes wird häufig überschätzt. Sein Hauptgift ist Muscimol, das als Antagonist an GABAA-Rezeptoren wirkt. Die Symptome der Vergiftung ähneln denen eines Alkoholrausches. Symptome wie Schwindel, Sprach- und Gehstörungen, Unruhe oder Mattigkeit sind typisch. Die halluzinogene Wirkung des Fliegenpilzgiftes lässt sich auf Muscimol zurückführen. Es unterliegt in Deutschland daher dem Betäubungsmittelgesetz.

ErgotaminDer Mutterkornpilz ist die Dauerform des Pilzes Claviceps purpurea, der auf Gräsern und Getreiden (z.B. Roggen) parasitiert. Ergotamin ist das Gift dieses Pilzes, es bindet an adrenerge α-Rezeptoren der Zielorgane des Sympathikus. Dadurch verengen sich die Blutgefäße, was zu Durchblutungsstörungen führt, durch die die Gliedmaßen erst gefühllos werden und später absterben. Weiterhin bindet Ergotamin an Serotonin- und Dopaminrezeptoren.

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