Wissenschaftstheorie I (Fach) / Funktionalerklärung (Lektion)
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Diese Lektion wurde von Natschooo1992 erstellt.
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- Funktionalerklärung biologische und soziale Phänomene werden durch ihre Funktion erklärt, die nützlich oder sogar notwendig sein kann (wie Herz, Religion); aber die Funktion kann oft auch von anderen Organen oder Institutionen übernommen werden, deshalb ist das noch keine Erklärung; die Notwendigkeit der Funktion erklärt noch nicht, wodurch sie erfüllt wird trotzdem kommen entsprechende Erklärungen vor Beispiel natürliche Auslese: schlechte Mutationen sterben aus, gute setzen sich durch in jeder Situation gibt es mehrer günstige Mutationen und die Entwicklung hängt davon ab, welche zufällig als erstes vorkommt; andere Entwicklungslinien werden blockiert werden, die günstiger als die eingetretenen gewesen wären; natürliche Auslese ist daher kurzsichtig; keine Strategien (wie z.B. einen Schritt zurück, zwei voran); wenn einmal eine ungünstige Mutation akzeptiert wird, die später gute Folgen hat, dann nur durch Zufall Evolution erreicht irgendwann lokales Maximum, wo jede weitere Mutation kontraproduktiv ist; lokales Maximum ist nicht global, Perfektion, sondern heißt nur, dass Verbesserungen nur mit großen Schritten möglich wären, aber Mutationen machen nur kleine in einigen Fällen wäre ein globales Maximum möglich, wenn die Evolution einen Schritt zurückgehen und einen anderen Weg einschlagen könnte oder eben große Sprünge machen könnte - beides geht nicht Funktionalerklärung in Biologie, dass jedes Glied, Organ, Verhalten usw. optimal hinsichtlich der Reproduktionstauglichkeit ist (lokales individuelles Maximum); jedes globale Maximum ist zugleich ein lokales Maximum; maximiert wird die Fähigkeit, Nachkommen zu hinterlassen; das entspricht nicht der Lebenserwartung (ökologische Tauglichkeit), die in manchen Fällen produktiv, in anderen kontraproduktiv in Bezug auf die Nachkommen ist: um lange zu überleben wäre es besser, keine Nachkommen zu haben (mehr Energie zur Verfügung); Mutationen werden aber nur in Hinblick auf die Reproduktionstauglichkeit bewertet; Federschmuck bei Vögeln gut für Reproduktion, schlecht für Überleben nicht die Reproduktion der Art sondern des Individuums wird begünstigt, wie das Beispiel mit der Schwarmbildung zeigt, wo die Mutation, in die Mitte zu schwimmen, für das Individuum von Vorteil, für die Art aber von Nachteil ist die Mutation von Aggressivität setzt sich zunächst durch, kann aber dazu führen, dass sich eine Art gegenseitig zerstört (Denkfehler ist hier, nur das Individuum als Einheit oder als Subjekt zu nehmen und deshalb zu sagen, die Selektion ist nur für das Individuum gut, nicht für die Art: man kann aber ebenso die Art als Subjekt nehmen); eine Art kann sich zu Tode verbessern Funktionalerklärung weil Eigenschaften eines Organismus durch dessen Wirkungen erklärt werden; aber nicht immer können biologische Phänomene durch ihre Wirkungen erklärt werden: man kann z.B. mit Mutationen die Evolution erklären, aber die Evolution erklärt nicht die Mutation ein Gruppenverhalten, was günstige Resultate für die Individuen hat, kann nicht durch diese Resultate erklärt werden nur wenn Eigenschaften des Organismus für ihn selbst von Vorteil sind, können sie dadurch erklärt werden (außer bei altruistischem Verhalten) Funktionalerklärungen in Sozialwissenschaften z.B. als biologische Erklärung menschlichen Verhaltens (nicht weit gekommen) man versucht in der Gesellschaft Einheiten zu finden, die den biologischen Begriffen Organismus, Reproduktion, Mutation, Selektion entsprechen den ersten Vorstoß unternahm Norweger Eilert Sundt, der versuchte, den Bootsbau darwinistisch zu erklären z.B. 1. dass die Änderungen von Booten zufällig entstehen, wenn ein Bootsbauer versucht, eine genaue Kopie eines Bootes herzustellen 2. Die Änderungen sind nur geringfügig 3. einige Änderungen werden akzeptiert, andere verworfen, das führt zu lokalem Maximum, wo jede Änderungen kontraproduktiv ist 4. Entwicklung resultiert aus Unvollkommenheit des Bootsbaus; es gibt aber auch Unterschiede von Bootsbau und Natur: 5. nach einer gewissen Zeit keine zufälligen Änderungen mehr sondern bewusstes Ausprobieren 6. bestimmte Boote werden der Entwicklung zugrunde gelegt, weil sie als überlegen eingestuft werden, also künstliche statt natürliche Auswahl künstliche Auswahl ist nicht so kurzsichtig wie natürliche d.h. beim Menschen gibt es Umwegdenken, Abwarten (z.B. wenn ein Bootsbauer eine besser Variante gebaut hat, aber sich nicht gleich entschließt, sie allen weiteren Booten zugrunde zu legen sondern lieber noch ein wenig experimentiert) vor allem Volkswirtschaft versucht Analogien zur natürlichen Selektion zu finden; Konkurrenz zwischen Firmen, Firmen entstehen und verschwinden, ähneln der Selbstreproduktion nur die überlebenden Betriebe verwenden die besten Technologien, die anderen unterliegen der Auslese; die besseren Technologien zeichnen sich durch bessere Wirkungen aus (Funktionalerklärung) Verhalten der Betriebe könnte scheinbar durch Profitmaximierung erklärt werden, Untersuchungen zeigen aber, das innerbetriebliche Entscheidungen nach anderen Maßstäben (Faustregeln, Traditionen) getroffen werden d.h. das Verhalten ist profitmaximierend aber nicht die Entscheidungsprozesse; sozialbiologische Erklärung: Betriebe, die zufällig profitmaximierend sind, überleben; Markt erzwingt vernünftige Anpassung, selbst wenn Betriebe ziemlich unvernünftig sind Kritik von Nelson / Winter: Umwelt von Organismen verändert sich auch, so dass Eigenschaften, die in einer Umwelt günstig sind, in einer anderen ungünstig sind; biologische Entwicklung gleicht Aufgabe, eine sich bewegendes Ziel zu treffen, z.B. Tontaubenschießen, wo man immer ein wenig vor die Flugbahn schießt, was die Evolution aber nicht kann; Anpassung hängt somit von der Geschwindigkeit beider Prozesse ab (Veränderung Umwelt im Verhältnis zur Veränderung des Lebewesens); da sich die Umwelt in der Regel langsamer verändert als die Organismen, sind sie gut angepasst; würde sich die Umwelt schneller entwickeln wären Organismen immer schlecht angepasst, Spielraum für Funktionalerklärungen kleiner Umwelt von Firmen ändert sich ständig; ein Betrieb mit schlechten Technologien (schlecht angepasst), der kurz vor dem Ruin stand, kann plötzlich einen Aufschwung haben und umgekehrt; die Umwelt ändert sich in Marktwirtschaft zu schnell, dass Anpassung immer mangelhaft ist dritte Form der Anwendung des Funktionalismus in Sozialwissenschaft (wichtigste und am weitesten von Biologie entfernt): Merton (Soziologe) Beispiel: Organisationen die Konflikte zulassen, funktionieren besser, denn Konflikte weisen auf Probleme hin: wenn sie unterdrückt werden, bekommen die Probleme ein unbeherrschbares Ausmaß; Konflikte haben eine Funktion und werden durch diese Funktion erklärt ähnlich wie beim Fermatschen Prinzip scheint auch hier eine Funktionalerklärung fehl am Platz (als ob Konflikte nur zu diesem Zweck erfunden wurden); ähnlich wenn man das Spiel der Intellektuellen mit der Sprache damit erklärt, dass sie sich andere vom Leibe halten wollen (fehlende Belege) oder eine Verschwörung existiert (wäre Intentionalerklärung) Dilemma der Funktionalerklärung in Sozialwissenschaften: gute Erklärungen sind nie funktionalistisch; funktionale Erklärungen lassen sich nicht belegen; ein Beleg wäre ein Rückkopplung der Wirkung auf die Ursache, das wäre dann aber eine besondere Form der Kausalerklärung, keine Funktionalerklärung mehr; andere Möglichkeit wäre Intentionalerklärung (Angabe einer Person, die das zu erklärende Phänomen, bewusst ausgewählt hat); Erklärung durch Wirkung ohne Belege ist reines Postulat in der Biologie haben Eigenschaften, die die Reproduktionsfähigkeit verbessern, immer erklärungswert; für gesellschaftliche Phänomene gibt es keine entsprechende Theorie, deshalb müssen Erklärungen in jedem Einzelfall belegt werden; in der Biologie geht es immer um dieselbe Wirkung der Reproduktionstauglichkeit, in den SW variieren die Wirkungen z.B. Profitmaximierung, Wendigkeit der Bürokratie, Monopol der Intellektuellen usw. jedes gesellschaftliche Faktum bringt für irgendeine Gruppe Vorteile; ähnlich wie in Physik (Fermatsche Erklärung) wo jedes Phänomen so beschrieben werden kann, als ob es der einen oder anderen Absicht dient
- Intentionalerklärung Verhalten ist Körperbewegung mit Ursache in diesem Körper (nicht in einem anderen); Handlung ist Verhalten aus einer bewussten Absicht und Gegenstand von Intentionalerklärungen (ein Reflex ist keine Handlung, wird kausal erklärt; ein Krampf ist keine Handlung, wird funktional erklärt) Voraussetzung ist bestimmtes Verhalten und bestimmte Präferenzen (Wünsche) und Annahmen einer Person; sie werden in ein bestimmtes Verhältnis gesetzt 1. Person glaubt, dass sein Verhalten das beste oder ein mögliches Mittel zur Verwirklichung seines Wunsches ist (was nicht der Fall sein muss) Bedingung 1 noch nicht hinreichend, weil z.B. Handlung ein Reflex sein kann, der zufällige dem entspricht, was man tun wollte z.B. Augen verschließen wegen Licht und zugleich, weil man etwas nicht sehen will) daher zweite Bedingung 2. Verhalten durch Wunsch und Annahmen verursacht stellt sicher, dass Verhalten durch Annahmen erklärt wird, nicht nur damit zusammenpasst; 1 und 2 noch nicht hinreichend: wenn z.B. ein Bergsteiger das Seil loslässt, dass seinen Kameraden trägt, weil dieser ihn in die Tiefe zieht, kann dies aus Berechnung oder Verwirrung geschehen (Kausalerklärung) anderes Beispiel Sportschütze, der beim letzten Schuss weiß, dass er treffen muss und genau deshalb nervös danebenschießt; die Präferenzen und Annahmen sind hier andere als die Handlung (beide Kausalbeziehung, keine Intentionalerklärungen) 3. Wunsch und Annahmen verursachen das Verhalten "in der richtigen Weise" 1. Wunsch und Annahmen Grund für Verhalten 2. verursachen Verhalten 3. verursachen Verhalten in relevanter Weise; Gründe haben nicht nur ein äußerliches Verhältnis zum Verhalten sondern sind wirklich der Grund des Verhaltens Mensch kann im Gegensatz zu anderen Lebewesen weit in der Zukunft liegende Ziele haben, für die Handlungen erforderlich sind, die ihn zunächst vom Ziel zu entfernen scheinen z.B. Konsum in Staat wird gedrosselt um Arbeitszeit in Werkzeuge usw. zu investieren, um den Konsum langfristig zu erhöhen bei Tieren ist solches Verhalten genetisch vorprogrammiert Umwegstrategien sind Merkmal (vielleicht Definition) des Bewusstseins, setzten Vorstellungsvermögen voraus; ohne Vorstellung kann man immer nur unter den vorliegenden Alternativen wählen, wobei man dem Lustprinzip (Freud, Weg des geringsten Widerstands) folgt; das Bewusstsein handelt nach dem Realitätsprinzip (Freud), indem es die Befriedigung aufschiebt und dadurch erhöht; der Weg des geringsten Widerstandes ist oft der weiteste Weg Unbewußtes hat unbewußte Absichten, psychischer Kausalmechanismus, antrieben vom Lustprinzip; Bsp: ein Kind zeigt wegen den Streitereien der Eltern psychische Symptome, die Eltern werden in Sorge um das Kind vereint - Kind scheint aus unbewußter Absicht gehandelt zu haben, was aber keine Erklärung ist (früher behandelte freischwebende Absicht ist genauso wie unbewußte Absicht ist ein Beispiel, alles unbedingt erklären zu wollen, was dann leere Erklärungen hervorbringt)