Allgemeine Psychologie (Fach) / Lernpsychologie (Lektion)

Vorderseite Nenne ein Experiment zur gelernten Hilflosigkeit
Rückseite

Seligman und Maier 1967

Versuchsaufbau:umfaßte zwei voneinander unabhängige Einheiten: 1) Eine Apparatur zum Verabreichen von elektrischen Schlägen, in der Hunde als Versuchstiere in einer Lederhalterung angeschirrt werden konnten.Der elektrische Schlag konnte unter einer der Versuchsbedingungen beendet werden, und zwar durch Beiseitedrücken von links und rechts vom Kopf der Tiere angebrachten Platten. 2) Einen Käfig, der durch eine schulterhohe Barriere in zwei Hälften geteilt wurde.Ebenfalls vorhanden waren: ein elektrifizierbares Bodengitter zum Verabreichen von elektrischen Schlägen, sowie Lampen für Hinweisreize. Ablauf: Es wurden 3 Gruppen mit je 8 Hunden gebildet. Gruppe 1: erhielt 64 elektrische Schläge in der Apparatur 1 mit durchschnittlich 90 Sekunden Intervall.Die Tiere konnten den elektrischen Schlag durch Betätigung einer der Platten mit dem Kopf beenden (= unvermeidbarer, aber kontrollierbare Schocks). Taten sie dies nicht, wurde er nach 30 Sekunden vom Vl beendet. 24 Stunden später wurden die Tiere in die eine Hälfte des Käfigs (2) gebracht.Dort folgte nach dem Erlöschen der Lampen jeweils mit 10 Sekunden Verzögerung ein elektrischer Schlag.Diesem konnten die Hunde über die Barriere entfliehen oder er wurde nach 60 Sekunden beendet. (10 Durchgänge) Gruppe 2: wurde derselben Prozedur in der Apparatur unterzogen, jedoch konnten die elektrischen Schläge durch die Hunde nicht abgestellt werden (unvermeidbare und unkontrollierbare Schocks).Die durchschnittliche Schockdauer überstieg die der Gruppe 1 nicht.Sowohl 24 Stunden später als auch nach 7 weiteren Tagen folgte das beschriebene Flucht-Vermeidungstraining im Käfig. Gruppe 3: wurde als Kontrollgruppe nur dem Flucht- und Vermeidungstraining im Käfig unterzogen. Ergebnisse:Die Tiere der Gruppe 1 lernten im ersten Versuchsabschnitt immer besser, den Schock durch Drücken der Seitenplatten zu kontrollieren. Im Käfig zeigten sie in etwas drei Viertel der Fälle das angemessene Vermeidungs- bzw. Fluchtverhalten bei einer durchschnittlichen Latenzzeit von 27 Sekunden.Die Kontrollgruppe wies in etwa dasselbe Verhalten auf.Die Tiere von Gruppe 2 zeigten ein gänzlich anderes Verhalten.Schon in der Schockvorrichtung versuchten sie nach etwa 30 Durchgängen nicht mehr, die Seitenplatten zu betätigen.Im Käfig flüchteten 6 von 8 Hunden in nahezu allen Durchgängen nicht.Bei den restlichen Tieren war die Latenzzeit des Verhaltens doppelt so hoch wie bei Gruppe 1. Von den erwähnten Hunden zeigten 5 auch nach 7 Tagen nicht das adäquate Vermeidungs- bzw. Fluchtverhalten. Nach dem Vorbild des Versuchs von Seligman und Maier (1967) sehen Experimente zur gelernten Hilflosigkeit im Sinne eines triadischen Designs zwei Experimentalgruppen und eine Kontrollgruppe vor: Experimentalgruppe 1 ist unvermeidbaren, aber kontrollierbaren aversiven Reizen ausgesetzt. (Phase 1)z.B. im Experiment von Hiroto (1974): Der aversive Reiz, ein lauter Ton von hoher Frequenz, trat zwar unvermeidbar auf, konnte aber von den Vpn durch Drücken eines Knopfes abgestellt werden. Experimentalgruppe 2 ist unvermeidbaren und unkontrollierbaren aversiven Reizen ausgesetzt (Phase 1).z.B. die Töne konnten von den Vpn nicht abgestellt werden. Die Kontrollgruppe erfährt in der ersten Phase keine Behandlung. Die zweite Experimentalphase besteht in dem Flucht- und aktiven Vermeidungstraining:Es zeigt sich, dass die Experimentalgruppe 1 in der zweiten Phase ebenso gute Lernleistungen zeigt, wie die Kontrollgruppe (z.B. ein durch ein Licht angekündigter ebenfalls unangenehmer Ton konnte durch das Hin- und Herschieben eines Knopfes bei rechtzeitiger Betätigung verhindert bzw. nach Einsetzen zumindest abgestellt werden. (Reaktion = erfolgreiches Vermeidungsverhalten)) Hingegen sind die Lernleistungen der in der ersten Phase mit unvermeidbaren und unkontrollierbaren aversiven Reizen konfrontierten Gruppe 2 deutlich schlechter. Interpretation:Die Versuchstiere aber auch Menschen machen die Erfahrung, daß ihre Reaktionen und die aversiven Reize voneinander unabhängig sind (d.h. nichts miteinander zu tun haben, sozusagen eine unkontrollierbare Situation, der man hilflos ausgeliefert ist). Sie lernen, daß nichts von dem, was sie tun, eine die negativen Reize vermeidende oder kontrollierbare Wirkung hat. Daraus resultiert eine Hilflosigkeitserwartung, die auf andere Situationen generalisiert wird, selbst wenn in diesen Situationen erfolgreiches Verhalten möglich wäre. Die Hilflosigkeitserwartung wurde mit einem dreifachen Defizit in Beziehung gesetzt:a) einem motivationalen Defizit, das sich in reduziertem Auftreten spontaner Verhaltensweisen manifestiert.Das hat zur Folge, daß die Wahrscheinlichkeit verringert ist, daß allein durch Versuch und Irrtum ein effektives Flucht- und Vermeidungsverhalten aufgebaut wird;b) einem emotionalen Defizit, das aus Symptomen eines depressiven Zustandes erschlossen wurde und c) einem kognitiven Defizit, im Sinne schlechterer Leistungen im Erkennen von möglichen Zusammenhängen zwischen Verhaltensweisen und ihren Konsequenzen. Seligman sah im Phänomen der gelernten Hilflosigkeit einen Ansatzpunkt, um bestimmte Formen der Depression beim Menschen zu erklären. Da die Übertragung auf den Menschen doch nicht so einfach war, kam es zur Neuformulierung der Theorie (Peterson & Seligman, 1983, Miller und Norman, 1979, Heckhausen, 1980).Nunmehr werden Kausalattributionen als die entscheidenden Größen für die Erklärung von gelernter Hilflosigkeit angesehen (kognitiver motivationaler Schwerpunkt) Nach diesem neuen Ansatz wird die Erfahrung der Unabhängigkeit von eigenem Verhalten und unangenehmen Ereignissen nicht mehr als ausreichend angesehen, um Hilflosigkeit auszulösen. Entscheidend ist nach diesem Ansatz:1) ob negative Ereignisse global und stabil attribuiert werden, d. h. ob die Erwartung der Hilflosigkeit sich auf viele Lebensbereiche erstreckt (global) und auf einen langen Zeitraum (stabil),2) und ob der fehlende Erfolg der eigenen Bemühungen internal (d.h. ob Mißerfolg auf die eigene Unfähigkeit bezogen wird) oder external (d.h. auf äußere, nicht zu verantwortende Umstände) attribuiert wird. Dies ist aber weniger eine neue Theorie als vielmehr eine präzisere Umschreibung des Phänomens der gelernten Hilflosigkeit:ein Zustand, in dem das Individuum fehlende Kontrolle über unangenehme Ereignisse auf die eigene Unfähigkeit (internal) zurückführt und dies in vielen Lebensbereichen (global) tut, und kein Ende sieht (stabil).

Diese Karteikarte wurde von ameliekunow erstellt.

Folgende Benutzer lernen diese Karteikarte: