Psychologie (Fach) / mündliche Staatsprüfung (Lektion)
Segal (2003)
Zentrale Therapieprinzipien: Förderung von Achtsamkeit, kognitiv-behaviorale Prinzipien
Gruppe
Indikation: Major Dep, v.a. Rückfallprophylaxe
Achtsamer Geisteszustand = Aufmerksamkeit auf den einzigartigen gegenwärtigen Moment richten
(„present moment“), dies bewusst und absichtsvoll tun („on purpose“), und auf eine Wertungen meiner Erfahrungen verzichte („non-judgemental“). Erhöhte Wachheit gegenüber dem sich ständig ändernden Strom von Gedanken, Gefühlen, Empfindungen im gegenwärtigen Augenblick; präsent und lebendig in der Gegenwart.
Entwicklung: Geplant war ein KVT-Verfahren für die Rückfallprophylaxe bei Depressionen (bei mehr als zwei Episoden in der Vorgeschichte 70-80%). Achtsamkeit dann aber als ein möglicher neuer Weg raus aus grüblerischen Geisteszuständen.
- Teasdale: differential activation hypothesis: negative Gedankenmuster sind besonders leicht bereits durch moderat niedergeschlagene Stimmung zu aktivieren; dies führt zu weitgreifenderen Veränderungen der Gedankenmuster als bei Gesunden und zu einem Aufschaukelungsprozess. Oft verändert sich in diesem Zug auch die Psychomotorik (langsamer, gebückter), was ebenfalls zur Aufrechterhaltung beiträgt.
- Längerfristige Folge: Depressive wollen sich „herausgrübeln“ und sind damit in einem verbalen Zustand, nicht mehr im Erleben. Der sprachnahe Modus kann auch zu unvollständiger emotionaler Verarbeitung führen.
Ziele der achtsamen Haltung: Wieder ins Hier und Jetzt kommen; die Haltung gegenüber den Gedanken verändern (=distancing, decentering)
Ablauf:
Acht Gruppensitzungen, ein Mal pro Woche, zusätzlich pro Woche: ein Tag der Achtsamkeit.
12-15 Teilnehmer, die bereit sind, an mindestens sechs Tagen die Woche 45 Minuten Achtsamkeit einzubauen.
Kontraindikation: akute Substanzabhängigkeit
Bei Suizidalität ist zusätzliche Betreuung (Einzel) geraten
Sitzungsdauer: 2-2,5 h
Beginn: 30 Minuten Achtsamkeits-Übung; danach Austausch über die Übung und über die Hausaufgaben. Ziele des Austauschs:
1. Herausarbeiten, was die Tn. während der Übung konkret bemerkt haben
2. Auswerten, was dabei entdeckt wurde (reflektieren)
3. Bezug zwischen den Beobachtungen und Entdeckungen und dem Ziel der Gruppe herstellen
è Drei konzentrische Kreise; erstmal austauschen, später diskutieren
Neben den Übungen gibt es immer ein didaktisches Schwerpunktthema:
1. Bewusstsein und Autopilot (willentliche Aufmerksamkeitslenkung; Rosinenübung, Bodyscan)
2. In unseren Köpfen leben: körperbezogene Achtsamkeit ermöglicht neue Art des direkten Wissens (psychoedukativer Fokus)
3. Sammeln des zerstreuten Geistes: Oft sind wir im Hinterkopf noch mit allem möglichen beschäftigt; sollten aber im Hier und Jetzt sein. Unser Körper hilft uns, den Geist zu sammeln und uns achtsam mit der Gegenwart zu verbinden (Yoga-Übungen)
4. Aversion erkennen: Ergänzend braucht es ein klares Verständnis dessen, was uns ins Grübeln drängt. Aversion = die gewohnheitsmäßige Reaktion auf unangenehme Gefühle, Empfindungen. Durch Achtsamkeit neue Perspektive (Achtsames gehen, sehen, hören)
5. Zulassen/Loslassen: durch eine andere Haltung entmachten wir die Aversion. Akzeptanz bedeutet hier auch Fürsorglichkeit und Wohlwollen den eigenen Erfahrungen gegenüber.
6. Gedanken sind keine Tatsachen: anderer Umgang mit Gedanken („Atemraum“)
7. Wie kann ich am besten für mich sorgen? Muster, Frühwarnzeichen erkennen (angenehme Aktivitäten)
8. Beibehalten und Erweitern des Gelernten: klare Entscheidung und Planung ist hier nötig. Hilfreich: Regelmäßigkeit. (Übungen zu Rückblick und gutem Grund, weiter zu üben)
Wichtige Übungen:
Rosinen-Übung
Body-Scan
Atemmeditation
Achtsamkeit in Bewegung
Routinetätigkeiten
Atemraum (dreiminütige Kurzmeditation, über den Tag verteilt mehrmals)
Kognitiv-verhaltenstherapeutische Elemente: PE, Frühwarnzeichen, Notfallplan, angenehme
Aktivitäten
Achtsamkeitserfahrung des Therapeuten: Ist unumgänglich. Am besten praktiziert der Therapeut Achtsamkeit täglich, mindestens zwei Jahre.
Empirischer Stand:aktuell sechs RCT-Studien, die Piet und Hougaard in einer Metaanalyse verarbeitet haben. Pat. Mit mind. Drei Episoden profitierten sehr deutlich; Reduktion Rückfallrisiko um 43%. Über Pat. Mit zwei Episoden lässt sich noch nichts sagen, uneindeutige Befunde. Es gibt auch Hinweise, dass MBCT mindestens so gut ist wie Antideps.
Allgemein: Hinweise, dass MBCT für Pat. Mit schwierigem Verlauf eine gute Option ist.
Diese Karteikarte wurde von Steefano erstellt.
Folgende Benutzer lernen diese Karteikarte: