Psychologie (Fach) / mündliche Staatsprüfung (Lektion)

Vorderseite Beschreibt die Akzeptanz-Commitment-Therapie (ACT)
Rückseite

Die Akzeptanz- und Commitment-Therapie („ACT“ – als ganzes Wort gesprochen) ist ein neuartiger Behandlungsansatz, der zur sog. „dritten Welle“ der Verhaltenstherapie gerechnet wird. Mit „dritter Welle“ ist gemeint, dass sich hier die Verhaltenstherapie mit dem ihr innewohnenden wissenschaftlichen Anspruch nun auch sehr komplexen Phänomenen des menschlichen Verhaltens nähert, die ihr bisher mit den Prinzipien des Konditionierungslernens und dem Konzept der kognitiven Informationsverarbeitung nur schwer zugänglich waren. Dazu gehören unter anderem Achtsamkeit, Akzeptanz, Spiritualität und persönliche Werthaltungen.

Mehr psychische Flexibilität

In der ACT werden sowohl Akzeptanz- und Achtsamkeitsstrategien als auch Strategien der Verhaltensänderung und des engagierten Handelns eingesetzt. Das übergeordnete Ziel ist, die psychische Flexibilität zu erhöhen, die für ein wertorientiertes Leben unter ständig wechselnden inneren und äußeren Lebensbedingungen erforderlich ist. Psychische Flexibilität bedeutet, dass eine Person in vollem Kontakt mit dem gegenwärtigen Moment steht und ihr Verhalten ändern oder beharrlich beibehalten kann – je nachdem, was die aktuelle Situation und die selbst gesetzten wertebezogenen Ziele erfordern.Psychische Flexibilität ist in der ACT dementsprechend kein Selbstzweck, sondern steht im Dienst dessen, was der Person existenziell wichtig ist. Deshalb werden Lebensziele erarbeitet, die die Motivation dafür liefern, das emotionale Vermeidungsverhalten aufzugeben, Gleichzeitig fördern diese Lebensziele das engagierte und entschlossene Handeln, indem sie den Weg aufzeigen zu einem reichen und sinnerfüllten Leben.

Die Relational Frame Theory als wissenschaftliche Grundlage

ACT geht unter anderem von der klinischen Erfahrung aus, dass logische Analysen, rationale Erklärungen und Einsichten oft nicht ausreichen, um einen therapeutischen Prozess und alltagsrelevante Verhaltensänderungen voranzubringen. Warum das so ist, wird durch die Untersuchungen im Rahmen der Relational Frame Theory (RFT) verständlich. Die RFT ist ein in den frühen 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts begonnenes verhaltensanalytisches Forschungsprogramm, das menschliche Sprache und Kognition untersucht. Die in diesem Forschungsprogramm bisher durchgeführten Analysen zeigen, dass und wie Sprache und Kognition mit den unmittelbar gemachten Erfahrungen interagieren, sie überdecken und zu erheblichen Einschränkungen psychischer Flexibilität bis hin zu einer weitgehenden Erstarrung der persönlichen Entwicklung führen können. Um diese Wirkungen von Sprache und Denken zu unterlaufen, wird in der ACT überwiegend mit Metaphern, natürlichen Paradoxien, erlebnisorientierten Techniken und einer intensiven therapeutischen Beziehungsgestaltung gearbeitet.

Kontextualismus als philosophische Grundlage

Sowohl ACT als Behandlungsansatz als auch RFT als Grundlagenforschung basieren auf dem philosophischen Standort des funktionalen Kontextualismus, d.h. sie gehen von der Auffassung aus, dass jede Entscheidung, Handlung oder Äußerung in einem spezifischen Kontext stattfindet und auch nur in diesem verstanden werden kann. Entsprechend interessiert sich die ACT auch weniger für den Inhalt von Handlungen und Kognitionen, sondern für die Funktion, die sie in eben diesem Kontext ausüben. In der Konsequenz bedeutet dies einen erkenntnistheoretischen wie auch ethischen Pragmatismus, denn es geht in ACT und RFT niemals um einen abstrakten, absoluten Wahrheitsbegriff, sondern immer um die Nützlichkeit, die sich im Horizont der frei und autonom gewählten Werte und Lebensziele erweisen muss.

Sechs Kernprozesse

Die therapeutische Arbeit umfasst in der ACT sechs Dimensionen, die zum einen die Haltung des Therapeuten betreffend, zum anderen aber auch ganz konkret die Behandlungsmethoden beschreiben. Gleichzeitig definieren sie spezifische Kompetenzen, die der Patient im Laufe der Behandlung lernen und einüben soll. Im Einzelnen sind das Bereitwilligkeit bzw. Akzeptanz, kognitive Defusion, Achtsamkeit, Selbst-als-Kontext, Werte und schlie0lich das daraus abgeleitete Engagement (Commitment). Die einzelnen Komponenten sind nicht als kategorial abtrennbare, eigenständige Prozesse zu verstehen, sondern als Facetten eines ganzheitlichen Geschehens. Ihre Unterscheidung ist lediglich zu praktischen Zwecken nützlich und muss sich in zukünftigen Komponentenanalysen noch weiter bewähren.

Diese Karteikarte wurde von Steefano erstellt.