Allgemeine Psychologie (Fach) / Denken (Lektion)

Vorderseite Schlussfolgern / Induktiv / Reisenden-Dilemma
Rückseite

Tanja und Markus haben zwar zur gleichen Zeit auf derselben entlegenen Pazifikinsel Urlaub gemacht; aber sie lernen sich erst nach dem Rückflug auf dem heimatlichen Flughafen kennen – im Büro der Schadenersatzabteilung. Die Fluggesellschaft hat nämlich die antiken Vasen zerdeppert, von denen sich jeder der beiden vor Ort ein Exemplar gekauft hatte. Der Sachbearbeiter erkennt ihren Anspruch ohne weiteres an, kann jedoch beim besten Willen den Wert der Kunstwerke nicht beurteilen. Von einer Befragung der Reisenden verspricht er sich, abgesehen von großen Übertreibungen, herzlich wenig. Nach einigen Überlegungen entschließt er sich deshalb für ein trickreicheres Vorgehen.

Er bittet beide, unabhängig voneinander den Wert der Vase in Euro auf ein Stück Papier zu schreiben, und zwar als ganze Zahl zwischen 2 und 100. Jegliche vorherige Absprache ist selbstverständlich verboten. Was er aber vorher bekannt gibt, ist das Auszahlungsverfahren: Geben beide denselben Wert an, so wird er diesen als den wahren Kaufpreis erachten und ihn an jeden von ihnen auszahlen. Unterscheiden sich die Angaben jedoch, so wird er die niedrigere Preisangabe für wahr und die höhere für einen Betrugsversuch halten. In diesem Fall bekommen beide den niedrigeren Betrag erstattet – allerdings mit einer Abweichung: Derjenige von beiden, der den niedrigeren Wert aufgeschrieben hat, bekommt 2 Euro mehr als Belohnung für Ehrlichkeit, dem anderen wird eine Strafgebühr von 2 Euro abgezogen. Wählt Tanja also zum Beispiel 46, Markus aber 100, so bekommt sie 48 Euro und er nur 44.

Das Erstaunliche an diesem Spiel ist, dass die Spieltheorie vorhersagt, rationalerweise wäre von den Spielern der Wert 2 € zu wählen. Diese Antwort widerspricht natürlich dem gesunden Menschenverstand, ist aber durch einige logische Überlegungen nachzuvollziehen.

die überwiegende Mehrheit das Maximum (in der ursprünglichen Version 100) an, der Rest verteilt sich zu ungefähr gleichen Teilen auf die drei Alternativen: Nash-Gleichgewicht, Werte dicht unter dem Maximum und zufällige Werte dazwischen. In jedem Fall lag der Durchschnitt der genannten Werte relativ hoch.

Es sind mindestens 3 mögliche Ziele der handelnden Personen zu unterscheiden. Die Wahl von 2 Euro ist für Spieler A unter der Zielsetzung, möglichst nicht weniger als Spieler B zu gewinnen, richtig und nachvollziehbar. Verfolgt ein Spieler das Ziel, einen möglichst hohen Gesamtauszahlungsbetrag der Versicherung zu erreichen, so wird er 100 Euro wählen. Schwieriger ist die Entscheidung für Spieler A, wenn es ihm um eine Gesamtgewinnmaximierung geht. Lediglich wenn er davon ausgeht, dass Spieler B mit vernachlässigbarer Wahrscheinlichkeit einen höheren Betrag als 3 Euro wählt, wird er selbst 2 Euro wählen. Spieler B wird aber eher selbst eine Gesamtgewinnmaximierung anstreben und einen hohen Betrag nennen.

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