Jura (Fach) / Öffentliches Recht (Lektion)

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In der deutschen Rechtswissenschaft bezeichnet Eigentum das Herrschaftsrecht einer Person über eine Sache. Für das Privatrecht sind in § 903 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) seine Eigenschaften bestimmt: Der Eigentümer einer Sache kann, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen.

Artikel 14 des Grundgesetzes - eine Arbeit von Dani Karavan an den Glasscheiben zur Spreeseite beim Jakob-Kaiser-Haus des Bundestages in Berlin

Inhaltsverzeichnis [Verbergen]
  • 1 Verfassungs- und Konventionsrecht
    • 1.1 Bedeutung der Eigentumsgarantie
    • 1.2 Schutzbereich
    • 1.3 Eingriff
    • 1.4 Sozialbindung des Eigentums
    • 1.5 Problem der sogenannten Alteigentümer
    • 1.6 Verfassungsrechtliche Rechtfertigung
  • 2 Privatrecht
    • 2.1 Entstehung und Übertragung
    • 2.2 Mehrere Personen
    • 2.3 Abgrenzung zu Besitz und Differenzierung
  • 3 Strafrecht
  • 4 Eigentumsordnung in der DDR
  • 5 Literatur
  • 6 Einzelnachweise

Verfassungs- und Konventionsrecht[Bearbeiten]

Das Recht auf Eigentum ist nach Artikel 17 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 ein Menschenrecht.[1] Die Eigentumsgarantie ist nach Art. 14 desGrundgesetzes ein elementares Grundrecht und wird auch von Artikel 17 der EU-Grundrechtecharta geschützt. Ebenso wird in der EMRK in Art. 1 des ersten Zusatzprotokolls darauf verwiesen.

„(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.“

– Artikel 14 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland[2]

„(1) Jede natürliche oder juristische Person hat das Recht auf Achtung ihres Eigentums. Niemandem darf sein Eigentum entzogen werden, es sei denn, daß das öffentliche Interesse es verlangt, und nur unter den durch Gesetz und durch die allgemeinen Grundsätze des Völkerrechts vorgesehenen Bedingungen.(2)

Absatz 1 beeinträchtigt jedoch nicht das Recht des Staates, diejenigen Gesetze anzuwenden, die er für die Regelung der Benutzung des Eigentums im Einklang mit dem Allgemeininteresse oder zur Sicherung der Zahlung der Steuern oder sonstigen Abgaben oder von Geldstrafen für erforderlich hält.“

– Artikel 1 des ersten Zusatzprotokolls der Europäischen Menschenrechtskonvention[3]
Bedeutung der Eigentumsgarantie[Bearbeiten]

Das Eigentum ist eng mit dem Wohnraummietrecht verbunden und dieses war lange Zeit im Spannungsverhältnis zwischen den Interessen des Mieters und des Eigentümers zu sehen. Mittlerweile ist auch im Mietwohnungsbereich eine Form der Globalisierung festzustellen.[4] Der Eigentumsgarantie kommt im Gesamtgefüge der Grundrechte die Aufgabe zu, dem einzelnen einen Freiraum im vermögensrechtlichen Bereich zu sichern, um ihm eine eigenverantwortliche Gestaltung des Lebens zu ermöglichen.[5] Der Rechtsgehalt der Eigentumsgarantie ist durch Privatnützigkeit und durch grundsätzlich freie Verfügungsbefugnis über den Eigentumsgegenstand gekennzeichnet. Dieses liberalstaatliche Verständnis der Eigentumsgarantie wird ergänzt und korrigiert durch die Festlegung sozialer Funktionen des Eigentums, das folglich nicht ausschließlich individualrechtlich verstanden werden darf (siehe Abschnitt zur Sozialbindung des Eigentums).

Art. 14 Abs. 1 GG enthält als Grundrecht in erster Linie ein subjektiv-öffentliches Abwehrrecht gegen staatliche Eingriffe. Die Eigentumsgarantie gewährt die Befugnis, jede ungerechtfertigte Einwirkung auf den Bestand der geschützten vermögenswerten Güter – insbesondere auf solche, die durch eigene Arbeit und Leistung erworben wurden – abzuwehren (Eigentumsbestandsgarantie[6]). Nur ausnahmsweise und unter den Voraussetzungen des Art. 14 Abs. 3 GG reduziert sich der Eigentumsschutz zu einer bloßen Wertgarantie (Entschädigungspflicht).[7] Weiter enthält Art. 14 Abs. 1 GG eine Einrichtungsgarantie (Institutsgarantie), das heißt der Staat darf das Rechtsinstitut "Eigentum" zwar regeln, inhaltlich ausgestalten und beschränken, muss es aber im Kern gewährleisten und darf es nicht bis auf Null reduzieren.[8] Schließlich gewährt Art. 14 GG zur Sicherung des Eigentums eine umfassende und effektive Verfahrens- und Rechtsschutzgarantie.[9]

Der Inhalt des Eigentums ist nicht durch die Verfassung selbst vorbestimmt. Erst und nur das durch die Gesetze ausgeformte Eigentum bildet den Gegenstand der Eigentumsgarantie und ist verfassungsrechtlich geschützt (siehe auch der Abschnitt zum Schutzbereich der Eigentumsgarantie unten). Der Gesetzgeber hat diesbezüglich eine weite Gestaltungsbefugnis. Die Grenzen sind neben Art. 14 GG selbst – Einrichtungsgarantie – insbesondere Art. 19 Abs. 2 GG, das Gleichheitsgebot und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.[10]

Weiterhin ist das Eigentum auch aktiv von der EMRK geschützt und einklagbar. Eine Rechtfertigung von der Konvention abzuweichen wird als schwierig angesehen, da das Eigentum als solches insgesamt geschützt ist und Vorschriften oder Gesetze, die die Garantie des Eigentums aushöhlen, es also nachhaltig schmälern, als unwirksam angesehen werden.[11]

Der Eigentumsgebrauch unterliegt nicht allein dem freien Belieben des Eigentümers; er unterliegt vielmehr auch dem grundrechtsbegrenzenden Gebot der Sozialpflichtigkeit (Art. 14 Abs. 2 GG). Im Schrifttum ist umstritten, inwieweit die bestehende Europäische Menschenrechtskonvention den Mitgliedsstaaten nahelegt, ein Mietrecht und Eigentumsrecht zu schaffen, dass eigentumsfreundlich gestaltet ist. Das Bundesverfassungsgericht hat in vielen seiner Urteile klargestellt, dass das Recht am Eigentum und das sozial zu gestaltende Mietrecht einer Schranke unterliegt, derer es gilt, abzuwägen. So ist allgemein anerkannt, dass in Zeiten von großer Wohnungsknappheit die Rechte des Eigentümers angemessen eingeschränkt werden dürfen und die Schranke angemessen ausgeweitet werden kann.

Die Entziehung individuellen Eigentums ist ausnahmsweise zulässig, wenn sie aus Gründen des allgemeinen Wohls erforderlich ist; sie darf aber nur gegen Entschädigung erfolgen (Problem: Abgrenzung zwischen entschädigungspflichtiger Enteignung und entschädigungslos hinzunehmenden Auswirkungen der Sozialgebundenheit des Eigentums). Die mögliche Überführung von Grundbesitz in Gemeineigentum (Sozialisierung) wird in Art. 15 GG speziell ermöglicht. Denkbar aufgrund des Verbotes eines Einzelfallgesetzes ist nur eine Sozialisierung von ganzen produzierenden Wirtschaftszweigen nach Bundes- oder auch nach Landesrecht beispielsweise in wirtschaftlichen Notsituationen. Das Landesrecht wird hier ebenfalls tangiert, weil die Wirtschaftsgesetzgebung in Deutschland in vielen Fällen der konkurrierenden Gesetzgebung der Länder unterliegt. Nicht zuletzt wegen der Betonung der Entschädigungspflicht bei der Überführung in Gemeineigentum wurde diese in Deutschland bisher noch nicht angewandt, weil damit dann extrem budgetwirksame Entschädigungspflichten für die öffentliche Hand verbunden gewesen wären. Hans-Jürgen Papier sieht genau darin den Sinn und die Existenzberechtigung des Art. 15 GG.

Schutzbereich[Bearbeiten]

Der Schutzbereich des Eigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 GG umfasst nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts jedes vermögenswerte Recht, das einem Einzelnen privatnützig zur ausschließlichen Nutzung durch das einfache Recht zugewiesen ist. Den Gesetzgeber trifft demnach der Auftrag, den Inhalt des Eigentums durch förmliche (Parlaments-)Gesetze zu bestimmen. Das bedeutet, dass der Inhalt des Eigentumsrechts nicht für alle Zeit feststeht, sondern vom Gesetzgeber geändert werden kann.

Hierin besteht das Dilemma. Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG soll einerseits als Abwehrrecht gegen den Staat fungieren, anderseits ist es jedoch zugleich die Aufgabe des Gesetzgebers, den Inhalt des Eigentums zu bestimmen. Dies birgt die Gefahr einer schleichenden Entleerung des Inhalts des Eigentums durch den Gesetzgeber. Um diesen vorzubeugen, schafft die Institutsgarantie des Eigentums die Bindung des Gesetzgebers an durch die Verfassung vorgegebene Wesensmerkmale des Eigentums (Gewährleistung des Eigentums). Diese sind die Privatnützigkeit, die grunds. freie Verfügungsbefugnis sowie die Junktimklausel bei Enteignungen. Dadurch soll die Sicherung eines Freiheitsraumes im vermögensrechtlichen Bereich gewährleistet werden. Dennoch ist das Eigentum gem. Art. 14 Abs. 2 GG sozialgebunden (es besteht z. B. kein Recht auf Umweltverschmutzung). Weiterhin gilt grundsätzlich die Bestandschutzgarantie, wonach konkret bestehende Eigentumspositionen geschützt sind.

Das Eigentum ist durch die Bindung an internationale Regelungen des Grundgesetzes geschützt. In Art. 59 GG i.V.m. dem ersten Zusatzprotokoll der EMRK ist das Eigentum sogar im Sinne eines regionalen Völkergewohnheitsrechtes anerkannt. Die Bereiche der EMRK, die aus Gewohnheitsrecht erwachsen sind, werden durch den Art. 25 GG berücksichtigt, andere fließen in der Grundrechtebewertung nur mit ein.[12][13] Immer wichtiger wird dabei der Art. 25 GG, da die Etablierung des Eigentums – etwa durch die Erklärung zur Allgemeinen Anerkennung der Menschenrechte (Art. 17) – auch international immer weiter voranschreitet. Bereits kodifizierte Teile des allgemeinen Rechtes auf Eigentum finden sich in der EMRK wieder, in ihr spiegeln sich anerkannte Regelungen des Völkergewohnheitsrechtes wider.

„Eine Enteignung darf nur im öffentlichen Interesse erfolgen. Sie darf weder gegen vertragliche Verpflichtungen verstoßen noch diskriminieren und muss immer gegen Entschädigung erfolgen. Entschädigungslose Enteignungen, sog. Konfiskationen, sind völkerrechtswidrig.“[14]

Das Eigentum und der Eigentumserwerb bei beweglichen Sachen sowie das Eigentum an unbeweglichen Sachen sind überdies teilweise in Art. 13 der Genfer Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 1951 kodifiziert. Zerstörung von Eigentum kann zudem ein Kriegsverbrechen nach Art. 8 Abs. 2 Buchst. a Nr. IV des Römischen Statuts des IStGH sein.

Es muss berücksichtigt werden, dass die EMRK nur in Teilen über dem Grundgesetz steht und „daß der Integrationshebel einen etwa bestehenden Vorrangbefehl der Konvention gegenüber deutschem Recht mitumfaßt und somit EMRK-Recht materiell entgegenstehendes deutsches Verfassungsrecht bricht.“[15]

Die Definition von Eigentum im Sinne des Art. 14 GG geht deshalb also über den privatrechtlichen Begriff des Eigentums (Sacheigentum) hinaus und beschränkt ihn zugleich. Die Nutzung eines Grundstückes kann beispielsweise durch das Nachbarschaftsrecht oder durch die Bauvorschriften eines Bebauungsplanes beschränkt sein. Ein anderes rechtliches Beispiel dafür ist, dass der Eigentümer eines Kunstwerkes durch das Urheberrecht daran gehindert ist, dieses Kunstwerk zu verändern, wenn er nicht gleichzeitig der Inhaber des Urheberrechtes ist; er darf es aber verkaufen.

Geschützt sind zunächst private Vermögensrechte, in erster Linie das Sacheigentum im Sinne des Sachenrechts (§ 903 BGB). Neben dem Eigentum an Sachen fallen aber auch Forderungen in den Schutzbereich. Nicht geschützt ist zwar „das Vermögen als solches“; Geld soll nach der Rechtsprechung aber in den Schutzbereich einbezogen sein, weil es zur Eigentumsgarantie zähle, Geld frei in Gegenstände einzutauschen. Geschützt ist hier aber nur der Bestand an Zahlungsmitteln, nicht der Wert des Geldes. Auch derBesitz des Mieters an der Mietwohnung wurde vom Bundesverfassungsgericht in den Schutzbereich des Eigentums einbezogen

Urheberrecht, Patentrecht, Marken- und Geschmacksmusterrecht werden ebenfalls in den Schutzbereich des Eigentums einbezogen. Nimmt man in Deutschland die verfassungsrechtliche Definition des Bundesverfassungsgerichts („Eigentum sind alle vermögenswerte Rechte des einfachen Rechts“), sind auch immaterielle Rechte Eigentum im Sinne von Art. 14 Abs. 1 GG, solange sie einen Vermögenswert haben. Daraus folgt aber noch nicht die Verpflichtung, solche Rechte auch gewähren zu müssen. Vielmehr hat hier der Staat durch Inhalts- und Schrankenbestimmungen einen großen Gestaltungsspielraum und ist lediglich auf die Gewährleistung eines Kernbereiches von „Geistigem Eigentum“ verpflichtet.

Im Falle des Patentrechtes zeigen sich die Grenzen eines naturrechtlichen Eigentumsverständnisses, das die Eigentumstheorie auf Immaterialgüter überträgt. Patentrechte werden nur für bestimmte immaterielle Leistungen und nur über einen gewissen Zeitraum (zumeist 20 Jahre) gewährt. Ihr Schutz ist eher als staatliche Leistung anzusehen, die der Staat gewährt, um den technischen Fortschritt zum Wohl der Allgemeinheit zu fördern. Es wäre deshalb verfehlt, Patent- oder Urheberrechte als Eigentum im engeren Sinne (wie das Sacheigentum) zu betrachten. Ob unter einem gegebenen Patentrecht verliehene Patente eigentumsgleiche Rechte darstellen, ist umstritten und muss für jedes Rechtssystem einzeln geklärt werden. Ob Patente tatsächlich den Wettbewerb durch Wettbewerbsbeschränkungen fördern, ist empirisch nicht klärbar.

Deshalb ist Verwendung des Begriffes „geistiges Eigentum“ umstritten. Sacheigentum und „geistiges Eigentum“ seien nicht vergleichbar, der Begriff suggeriere etwas, das es nicht gebe. Dem wird jedoch die verfassungsrechtliche Eigentumsdefinition (siehe oben) entgegengehalten. Als Rechtsgebiet umfasst das „Geistige Eigentums“ zahlreiche privat- und öffentlich-rechtliche Rechtsgebiete, die zum Teil im Widerstreit zueinander stehen. Geregelt werden sie zum Beispiel in Gesetzen zum Urheber- und Markenschutz, zum Patentrecht u.ä. Umstritten ist, wie stark immaterielle Monopolrechte, zu denen der einfachrechtliche Schutz zumeist führt, gewährleistet werden müssen und welche Folgen dies hat. Immaterialgüter nehmen immer mehr an ökonomischer Bedeutung zu. Das gilt insbesondere für Software- und Biopatente, deren Schutz von Wirtschaftsunternehmen gefordert wurde. Andererseits wird der allgemeine Verzicht auf solche Monopole und die Beachtung gemeinfreier „Allmende“ verlangt.

Auch öffentlich-rechtliche Positionen können in den Schutzbereich von Art. 14 Abs. 1 GG fallen, wenn sie

  • dem Versicherten ausschließlich und privatnützig zugewiesen sind,
  • auf einer nicht unerheblichen Eigenleistung des Betroffenen beruhen und
  • der Sicherung der Existenz des Betroffenen dienen.

Hierzu zählen insbesondere die Anwartschaften aus der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung. Nicht hierzu zählen beispielsweise: Arbeitslosengeld 2, Sozialhilfe, BAFöG, Wohngeld.

Eingriff[Bearbeiten]

Eingriffe in das Eigentum sind:

  • die Enteignung: Dem Betroffenen wird das Eigentumsrecht an einer bestimmten durch Art. 14 GG geschützten Position entzogen, um es an einen anderen zu übertragen;
  • die Inhalts- und Schrankenbestimmung: Inhalt und Schranken des Eigentums werden durch förmliches Gesetz bestimmt; dabei ist die Sozialpflichtigkeit des Eigentums zu beachten;
  • der enteignungsgleiche Eingriff, rechtswidriger hoheitlicher Eingriff in das private Eigentum, der einen Entschädigungsanspruch auslöst, ohne dass ein Gesetz eine Entschädigung gewährt;
  • der enteignende Eingriff, rechtmäßiger hoheitlicher Eingriff in das private Eigentum, der eine Entschädigungspflicht auslöst, ohne dass ein Gesetz eine Entschädigung gewährt (Sonderopfer!).

Beispiel: Die Stadt B muss für notwendige Straßenbauarbeiten eine bestimmte Straße für ein halbes Jahr sperren. Für den C, der in dieser Straße seine Tankstelle hat, ist dies ein enteignender Eingriff.

Sozialbindung des Eigentums[Bearbeiten]

Wegen Art. 14 Abs. 2 GG ist der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung eigentumsrelevanter Normen verpflichtet, einen verhältnismäßigen Ausgleich zwischen der grundsätzlich gewährleisteten Privatnützigkeit des Eigentums und der Sozialpflichtigkeit des Gebrauchs des Eigentums herzustellen. Die Sozialpflichtigkeit begründet jedoch keine individuelle Verpflichtung des einzelnen Eigentümers.

Das Bundesverfassungsgericht hat in einem Beschluss unter Federführung des damaligen Verfassungsrichters Paul Kirchhof auch den Zugriff auf das Eigentum über eineVermögensteuer zumindest stark eingeschränkt, nach Meinung mancher beinahe ausgeschlossen: Vermögensteuer und weitere Steuern sollen einem Obiter dictum des Gerichts[16] zusammengenommen nicht mehr als 50 % der Erträge aus dem Vermögen ausmachen (sog. Halbteilungsgrundsatz im Steuerrecht). Das Gericht stützte sich dabei auf Art. 14 Abs. 2 Satz 2 GG, wonach der Gebrauch des Eigentums zugleich der Allgemeinheit nützen solle. Das Eigentum wäre demnach also gleichermaßen als privatnützig und als gemeinnützig zu behandeln.

Bei Einkommensteuer und Gewerbesteuer gibt es nach einer neueren Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts[17] keine absolute Belastungsobergrenze in der Nähe einer hälftigen Teilung. Das Gericht bestätigte damit eine Entscheidung des Bundesfinanzhofes, der in seiner Entscheidung[18] die Anwendung des Halbteilungsgrundsatzes auf die Einkommensteuer abgelehnt und eine Besteuerung von etwa 60 % durch Einkommen- und Gewerbesteuer für verfassungsgemäß erachtet hatte.

Problem der sogenannten Alteigentümer[Bearbeiten]

Als Alteigentümer werden Betroffene bezeichnet, deren Grundeigentum während der sowjetischen Besatzung Deutschlands im Zuge einer sog. Bodenreform zwischen 1945 und 1949 entzogen worden war.

Die Alteigentümer machen eine Ungleichbehandlung zwischen ihnen und den in der Deutschen Demokratischen Republik Enteigneten geltend. Während der EinigungsvertragDDR-Enteigneten im Grundsatz „Rückgabe vor Entschädigung“ gewährt, wurde den Alteigentümern lediglich ein Entschädigungsrecht zugesprochen. Sie erkennen eine entsprechende Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik, der DDR und der Sowjetunion (die Bestandteil des Einigungsvertrages wurde) nicht an. In ihr wird erklärt, die Bodenreform zwischen 1945 und 1949 solle unangetastet bleiben. Das Bundesverfassungsgericht hat in insgesamt drei Entscheidungen, zuletzt durch Urteil vom 26. Oktober 2004, die Nichtrückgabe und alleinige Entschädigung für rechtmäßig befunden und entsprechende Verfassungsbeschwerden zurückgewiesen. Die Bestimmungen des Einigungsvertrages seien mit dem Grundgesetz (insbesondere Art. 14 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG) und dem Völkerrecht vereinbar und wirksam. Die Unterscheidung zwischen Maßnahmen des Besatzungsrechts und späteren Enteignungen in der DDR sei zulässig, da der Eigentumsschutz des Grundgesetzes vor der Konstitution von Bundesrepublik und DDR im Jahre 1949 noch keine Wirkung entfalten konnte. Ebenso scheiterten die Alteigentümer vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.

Der Begriff der Alteigentümer umfasst nicht solche Eigentümer, deren Grundeigentum nie entzogen, sondern unter staatliche Zwangsverwaltung gestellt wurde, was für viele Wohngebäude in der DDR galt.

Verfassungsrechtliche Rechtfertigung[Bearbeiten]

Die verfassungsrechtliche Rechtfertigung von Eingriffen in das Eigentum erfolgt je nachdem, welche Art des Eingriffs vorliegt. Die Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheitund nur durch oder aufgrund eines Gesetzes erlaubt, das zugleich die Entschädigung regelt (Junktimklausel, Art. 14 Abs. 3 GG). Für die schlichte Inhalts- und Schrankenbestimmung hingegen gilt nur ein einfacher Gesetzesvorbehalt (Art. 14 Abs. 1 GG).

Eine Enteignung ist vor allem bei der Verwirklichung großer Bauvorhaben und Planungen relevant (Bahnstrecken, Straßenbau). Zuvor müssen aber alle anderen Maßnahmen ausgeschöpft worden sein (sog. Subsidiaritätsprinzip). Zudem muss eine eigentumsentziehende Maßnahme immer entschädigt werden. Dabei ist der Substanzwert zum Marktpreis (Verkehrswert) zu ersetzen, einschließlich der unmittelbaren Folgekosten (Ersatz von Folgekosten für Umzug, Betriebsverlegung, Rechtsverfolgungskosten), nicht aber sonstiger Kosten, die dem Betroffenen entstehen können.

Zu dem Wesensgehalt oder „Kern“ der Eigentumsgarantie könnte die generelle Verfügungsbefugnis, die Gewährleistung der Substanz und ein gewisses Maß an privatem Nutzen gezählt werden.

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